Der Fall Christoph Metzelder sorgte bundesweit für großes Aufsehen. In 26 Fällen soll der ehemalige Fußballprofi Kinderpornografie-Dateien über Whatsapp weitergeleitet haben, in einem Fall sie auch besessen haben. So sah es das Amtsgericht Düsseldorf (NRW) am Donnerstag in ihrer Urteilsverkündung. Zu zehn Monate auf Bewährung war er verurteilt worden.
Zuvor hatte Staatsanwältin Kathrin Radtke in ihrer Anklage die erschreckenden Details über die auf seinem Handy gefundenen Bilddateien preisgegeben. Darauf zu sehen: kleine Mädchen, keine zehn Jahre alt, die Opfer schweren sexuellen Missbrauchs werden.
Kinderpornografie in NRW: Kenner der Szene spricht über Metzelder-Urteil
Für Martin (Name geändert) sind solche Bilder beruflicher Alltag. Sein Arbeitgeber erstellt forensische IT-Gutachten für Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland – auch in Fällen von Kinderpornografie in NRW. „Am Fall Metzelder habe ich aber nicht gearbeitet“, stellt er gleich klar.
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Es nicht unüblich, dass Staatsanwaltschaften externe Dienstleister beauftragen, um die immensen Datenmengen auszuwerten, die in Kindesmissbrauchsverfahren, aber auch Drogen- oder Waffenermittlungen anfallen.
Bei einer ZDFheute-Umfrage im vergangenen Jahr hatten Staatsanwaltschaften in elf Bundesländern angegeben, dass sie externe Sachverständige beauftragen oder schon einmal beauftragt haben. Die Linkspartei äußerte Kritik an dieser Praxis. Auch Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter sagte dem ZDF dazu: „Einerseits begrüße ich das Einbeziehen von externem Sachverstand sehr. Wenn es aber aus reinem Ressourcenmangel zum Prinzip wird, ist das eine Bankrotterklärung des Staates und eine Privatisierung von Polizeiarbeit durch die Hintertür.“
Staatsanwaltschaften outsorcen Auswertungen von Kinderporno-Material
Der Hauptgrund für das Outsourcing ist, dass die Polizei die Datenmengen nicht schnell genug bearbeiten kann. Stellen die Ermittler bei Durchsuchungen USB-Sticks, CDs, VHS-Kassetten, Computer und vor allem Laptops und Handys sicher, landen die in großen Verfahren mitunter bei externen Dienstleistern.
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Diese kategorisieren die Bilder und Videos nach dem, was darauf zu sehen ist. Dabei müssen Martin und seine Kollegen unterscheiden, ob es sich um kinder (bis 14 Jahren) – oder jugendpornografisches Material handelt.
Die Reichweite von dem, was er dabei zu sehen bekommt, ist groß: von nackten Kindern bis zu schwerstem sexuellem Missbrauch von kleinen Kindern. Auch die Mengen unterscheiden sich von jahrzehntelangen Sammlern von Kinderpornos bis zu Jugendlichen, die einige Bilddateien über Messenger unbedacht verschickt haben. Am Ende wird anhand der Auswertung ein Gutachten für die Staatsanwaltschaft erstellt, auf dem die Anklage fußt.
Kinderpornografie-Fälle: „Millionen inkriminierter Dateien“
„Mitunter haben wir es mit Millionen inkriminierter Dateien auf Datenträgern zu tun“, schildert Martin. Anders als bei der Polizei geht es in seiner Arbeit als IT-Gutachter weniger um das Ausfindigmachen von Opfern und Tätern, sondern vorwiegend um die pure Aufschlüsselung der Straftaten. „Sehe ich nach drei Sekunden einen Missbrauch, kann ich das Video im Gegensatz zum Ermittler ausmachen“, sagt er. Dennoch bleibt die Frage: was macht das mit einem, wenn man täglich diese schrecklichen Bilder sieht?
„Ich schalte den Kopf aus“
„Ich schalte den Kopf aus, schaue mir das Bild an, bewerte es, aber den Mensch dahinter versuche ich auszublenden. Anders geht es nicht“, erklärt er.
Für die Auswertungen brauchen die externen Dienstleister von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten – je nach sichergestellter Menge der Datenträger. Dabei begegnen ihnen auch immer wieder andere Strafttaten – von Holocaustleugnung bis zu sogenannten Snuffvideos, auf denen Menschen getötet werden.
„Nicht nur von Metzelder, sondern auch vom Nachbar oder Kollege aus dem Sportverein“
Natürlich wurde auch das Urteil gegen Metzelder im Kollegenkreis heftig diskutiert. „In Relation zu anderen Urteilen, von denen ich durch meine Arbeit mitbekommen habe, halte ich es für vergleichsweise hart. Aber trotz der Verschärfung ist der Gesetzesrahmen insgesamt zu niedrig“, sagt der IT-Experte.
Das Kinderporno-Problem sei gigantisch, die Nachfrage für IT-Gutachten riesig. „Wir haben so viel Material, wir könnten Jahre lang Kinderpornos schauen. Nicht nur von Metzelder, sondern auch vom Nachbar oder Kollege aus dem Sportverein.“
Am Montag gelang dem BKA ein Schlag gegen Kindesmissbrauch. Die Ermittler schalteten die Plattform „Boystown“ ab.