Der neue Parteichef der FDP steht zwar noch nicht fest. Doch er soll die Partei sichtbar nach außen vertreten können. Dazu gehört eine Position als Bundesminister, aber am besten eine, in der man glänzen kann, ohne Kratzer zu bekommen.
In Philipp Röslers Gesundheitsministerium ist viel zu bewegen, gerade dort, wo Rösler die FDP künftig als Kümmerer sehen möchte: in „der Lebenswirklichkeit der Menschen“. Warum der promovierte Arzt dennoch lieber das Wirtschaftsministerium bekleiden will? „Man braucht natürlich Parteivorsitzende, die in ihren Bereichen auch Erfolg erzielen können“, sagt FDP-Präsidiumsmitglied Silvana Koch-Mehrin. So kann man es auch ausdrücken: Wer viel zu Sagen und Bestimmen hat, hat auch viel zu verlieren; Wer nichts zu Sagen hat, kann in der Öffentlichkeit gefahrlos Sprüche klopfen. Ein Ministeriums-Check:
Gesundheitsminister I
Gesundheitsminister sind beim Wahlvolk selten beliebt, obwohl der Job nur mit viel Sachverstand, Standfestigkeit und Engagement erledigt werden kann. Das zählt draußen im Land aber wenig, denn die Botschaften aus dem Ministerium sind meist schlecht. Das Gesundheitssystem ist in einer alternden Gesellschaft eine Dauerbaustelle. Die zwangsläufig steigenden Kosten können nur durch Leistungskürzungen oder Kostenerhöhungen aufgefangen werden. Das kommt bei den Betroffenen, also allen gesetzlich Versicherten, nicht gut an.
Gesundheitsminister II
Auch wenn sich der Gesundheitsminister gegen die Interessen einer Lobby auflehnt, muss er sich warm anziehen. Ärzte oder Apotheker, die durchaus als FDP-Klientel gelten, Krankenkassen, Patientenverbände und erst recht die Pharmaindustrie können wirkungsvoll Widerstand leisten. Notfalls landet der Streit im Wartezimmer der Arztpraxen. Die Sorge der Kranken um eine gute Versorgung erzeugt großen Druck auf die Politik. Und betroffen sind jedes Mal viele Millionen Menschen. Zudem geht es um ein riesiges Geschäft. Über 170 Milliarden Euro bewegt jährlich allein die Gesetzliche Krankenversicherung. 15 Milliarden Euro beträgt der Gesundheits-Haushalt.
Wirtschaftsminister I
Beim Wirtschaftsminister werden Standfestigkeit und Engagement sehr wohl gewürdigt. Das beste Beispiel für die Möglichkeiten im Amt lieferte Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich gleich in den ersten Wochen bar jeder Vorkenntnisse öffentlichen Applaus einheimste. Als ordnungspolitisches Gewissen der Nation lehnte er Hilfen für den Autobauer Opel ebenso ab wie die Unterstützung des Kaufhaus-Konzerns Karstadt.
Der amtierende Wirtschaftsminister Rainer Brüderle muss sich selten mit folgenreichen Entscheidungen herumplagen. Das Ministerium hat nicht viele Zuständigkeitsbereiche. Energie ist eines der zentralen Themen, in denen er mitreden darf. Auch die Netzregulierung oder die Kartellbehörden unterstehen dem Haus. Ansonsten darf der Minister die Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung vorstellen und vor allem zuversichtliche Reden schwingen.
Wirtschaftsminister II
Darüber hinaus verteilt der Wirtschaftsminister viel Geld. Gut sechs Milliarden Euro beträgt der Etat. Mit rund 1,5 Milliarden Euro davon subventioniert die Regierung noch die Steinkohleförderung. Über eine Milliarde steckt der Bund in die Raumfahrt. Ansonsten gibt es Hilfen für die Forschung, Elektromobilität und viele andere Branchen. Das Geben kommt gut an.