Weniger Arbeit, dafür mehr Zeit für Familie, Hobbys und Freizeit – das wünschen sich aktuell viele deutsche Arbeitnehmer. Das Modell einer Vier-Tage-Woche wird breit diskutiert. Rund 81 Prozent der Vollzeitbeschäftigten wollen das neue Arbeitszeitmodell.
In einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung geben knapp 73 Prozent der Arbeitnehmer weiter an, eine Verkürzung der Arbeitszeit bei gleichem Lohn zu wollen. Doch nicht jeder sieht das als realistisch an.
Vier-Tage-Woche gleich Stundenlohn-Erhöhung
Wer nur noch vier statt fünf Tage die Woche arbeiten möchte und den entsprechenden Einkommensverlust in Kauf nehme, könne das schon heute so tun, meint Clemens Fuest, Präsident des ifo Instituts.
Aber: „Die Arbeitszeit bei unverändertem Monatslohn um ein Fünftel zu kürzen, würde einer Erhöhung des Stundenlohns um 25 Prozent entsprechen“. Und das sei für Unternehmen und auch Arbeitgeber nur finanzierbar , wenn die Arbeitnehmer die selbe Arbeit von fünf Tagen dann in nur vier Tagen leisten könnten.
Studien aus Großbritannien analysierten, dass Beschäftigte mit einer verkürzten Arbeitszeit sogar produktiver, weniger gestresst und seltener krank sein würden. Das ifo Institut allerdings beruft sich auf andere Studien. Diese zeigen, „dass die Leistungsfähigkeit an Tagen, an denen man länger als acht Stunden arbeitet, in der Regel deutlich sinkt“. Und einige Arbeitnehmer müssten in bestimmten Fällen zehn Stunden am Tag arbeiten, um die 40 Stunden-Woche auf vier Tage beizubehalten.
Vier-Tage-Woche: „Eher die Ausnahme“
Anders sieht es allerdings aus, wenn die Beschäftigten statt einem Tag weniger, weniger Stunden pro Tag arbeiten würden. „Der damit verbundene Freizeitgewinn mag ebenfalls positive Wirkungen auf die Lebenszufriedenheit haben“, so Fuest. Für Industrieunternehmen werde viel davon abhängen, ob sie bei der Einführung einer Vier-Tage-Woche dafür sorgen können, dass ihre Produktionsanlagen durch mehr Arbeitskräfte durchgehend ausgelastet bleiben. „Dass die Gesamtleistung bei Wegfall eines Arbeitstags nicht sinkt, dürfte jedoch eher die Ausnahme sein“, mahnt der ifo-Präsident.
Denn gerade in Zeiten, in denen der Fachkräftemangel vorherrscht, „erscheint es abwegig, Arbeitszeiten auch noch zu verkürzen.“ Fuest sieht allerdings auch einen positiven Effekt des verkürzten Arbeitszeitmodells: So könnte es dazu kommen, dass „Kinderbetreuung und Hausarbeit gleicher verteilt werden und der Partner, der bislang nur Teilzeit gearbeitet hat, mehr arbeitet.“
Vier-Tage-Woche: „Falsche Richtung“
Allerdings befürchtet der Ökonom durch die Vier-Tage-Woche eine geringere Wirtschaftsleistung. Denn, wer seine Freizeit genieße und weniger konsumiere, trage nicht zur Finanzierung des Staatshaushalts und der Sozialkassen bei.
Und das könnte laut Fuest zum Problem für die Renten werden. Er mahnt: „Bei sinkenden Einnahmen die wachsende Zahl älterer Menschen angemessen zu versorgen, ist kaum möglich.“ Allerdings seien die Unternehmen in Deutschland mit Arbeitszeitmodellen flexibel, müssten also nicht auf politische Richtlinien warten.
Mehr dazu:
„Politik und Tarifpartner sollten die Rahmenbedingungen allerdings so gestalten, dass Anreize für Erwerbstätigkeit gestärkt werden.“ Dazu zählt Fuest folgende Punkte:
- Im Bürgergeld mehr Vollzeitarbeit fördern
- Kinderbetreuung weiter ausbauen
- Ehegattenbesteuerung reformieren
- Öffentliche Ausgaben begrenzen
- Steuern und Abgaben auf Arbeitslöhne senken
- Höhere Löhne
„Wer stattdessen die Vier-Tage-Woche propagiert, steuert in die falsche Richtung“, lautete das vernichtende Fazit des ifo-Präsidenten.