Über Monate hat Sahra Wagenknecht mit einer Parteigründung kokettiert, nun wird es Realität. Am Montag wird sie zunächst einen Verein vorstellen, aus dem dann eine Partei werden soll.
Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Parteigründung. Was weiß man jetzt bereits über die neue Wagenknecht-Partei?
Wagenknecht-Partei: Auf Wählerjagd mit linkskonservativem Populismus?
Was bedeutet BSW? Die Abkürzung steht offenbar für „Bündnis Sahra Wagenknecht“. Der neue Verein, der als Vorstufe zur Gründung einer Partei vorgestellt wird, trägt den Namen „BSW – Für Vernunft und Gerechtigkeit“. Der Vereinsname ist bereits seit einigen Wochen registriert.
Kann man bereits als Mitglied beitreten? Bisher ist ein Beitritt noch nicht möglich. Alles weitere wird es erst ab Montag klären. Klar ist: Sahra Wagenknecht braucht dringend verlässliches und zuverlässiges Personal, in der Spitze und in der Breite, um die Parteigründung organisatorisch stemmen zu können.
Wofür wird Sahra Wagenknecht inhaltlich stehen? In der Wirtschafts- und Sozialpolitik dürfte ihre Partei weit links stehen – mit sozialistischen Ideen, insbesondere zu Verteilungsfragen. Andererseits aber dürfte die Partei auch konservative Züge haben, etwa bei der Ablehnung einer woken Identitätspolitik, mit einer strikten Asylpolitik und einer Abkehr von allzu scharfem Klimaschutz. Außenpolitisch ist mit einem russlandfreundlichen Kurs zu rechnen. Es dürfte also in Richtung linkskonservativer Populismus gehen – und damit eine unbesetzte Lücke im deutschen Parteiensystem irgendwo zwischen AfD und Linkspartei füllen.
AfD und Linke hätten ein Problem
Welche Parteien könnten durch die Wagenknecht-Partei Prozente verlieren? Laut den Meinungsforschungsinstituten hat eine Wagenknecht-Partei ein Potential von bis zu 19 Prozent. Laut INSA könnte sie bei der Landtagswahl in Thüringen sogar auf bis zu 25 Prozent kommen. Wahlforscher gehen davon aus, dass insbesondere zwei Parteien dabei verlieren würden: Die AfD und die Linkspartei. Die Stimmen der Protestwähler könnten sich neu verteilen. Die Linke könnte dann in die Bedeutungslosigkeit abrutschen – oder vor dem Aus stehen.
Welche Prominente werden neben Wagenknecht Teil der neuen Partei? Mittlerweile ist klar, wer neben Wagenknecht bei der Bundespressekonferenz am Montag sitzen wird: Die frühere Fraktionschefin und Bundestagsabgeordnete Amira Mohamed Ali, der Duisburger Bundestagsabgeordnete Christian Leye, der Karlsruher IT-Unternehmer und Millionär Ralph Suikat sowie Lukas Schön, früherer Geschäftsführer der Linken in NRW. Weiter kann nur spekuliert werden, wer zu ihrem Lager zählt. Wahrscheinlich auch die Außenpolitikerin Sevim Dagdelen und Klaus Ernst, der frühere Mitbegründer der „Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ (WASG). Zuletzt gab es zudem Gerüchte darüber, dass auch ein Bundesliga-Topmanager in vorderster Front der neuen Partei beitreten könnte. Es ist Oliver Ruhnert, Fußballmanager des 1. FC Union Berlin (mehr dazu hier). Spekulationen gibt es auch um ein Parteiengagement von Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Im Hintergrund dürfte zudem Wagenknechts Ehemann Oskar Lafontaine mit seiner Erfahrung beratend zur Seite stehen.
Wird die Linkspartei-Fraktion im Bundestag aufgelöst?
Wird sich die Linksfraktion im Bundestag dann auflösen? Laut den Statuten des Bundestags braucht eine Fraktion mindestens 37 Abgeordnete. Das sind mindestens fünf Prozent der Abgeordneten. Sollte es also eine Austrittswelle geben, wäre die Linke im Bundestag am Ende, denn die Fraktion besteht aktuell aus 39 Abgeordneten. Auch Sahra Wagenknecht selbst hat ein Bundestagsmandat. Die Partei würde dann viele Rechte und Finanzzuschüsse verlieren. Laut Recherchen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ soll sie bereits 108 Mitarbeiter (also Referenten etc.) der Fraktion abgeworben haben, die sich ihr dann anschließen würden.
Kann Wagenknechts Plan noch scheitern? Ja, denn auch ihr letztes Projekt, der Verein „Aufstehen“ ist gescheitert. „Aufstehen“ sollte eine Sammlungsbewegung der linken Kräfte werden. Alles wird davon abhängen, ob Wagenknecht genug professionelle Mitstreiter findet, die eine schlagkräftige Parteiorganisation mit ihr aufbauen können. Vizekanzler Robert Habeck kommentierte das Vorhaben im Podcast von Micky Beisenherz leicht spöttisch: „Parteien sind eine anstrengende Sache, aber eine Neugründung noch viel mehr. Deswegen erstmal abwarten, was da alles jetzt passiert, wer sich anschließt und wer sich der Partei nicht anschließt. Aber ja gut, nun ist es raus und viel Spaß bei der Sache, würde ich sagen.“