Die elektronische Fußfessel für rückfallgefährdete Sexualstraftäter kommt. Vier Länder, darunter NRW, richten zur Überwachung ein zentrales Technikzentrum ein. Die Polizei bezeichnet die Fußfessel als „riskante Beruhigungspille“.
Düsseldorf.
Mehrere hundert rückfallgefährdete ehemalige Gewalt- und Sexualstraftäter können ab Januar 2012 mit einer elektronischen Fußfessel rund um die Uhr überwacht werden. Im hessischen Bad Vilbel wollen die Länder Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ein gemeinsames Technikzentrum einrichten. Bisher sind bundesweit drei Fußfesseln im Einsatz – darunter eine in NRW. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einer „riskanten Beruhigungspille“.
Ein gemeinsamer Staatsvertrag der bisher vier Bundesländer sieht vor, dass die Zentralstelle die Einsätze der Fußfessel koordiniert, Daten sammelt und die örtliche Polizei bei einem Alarm informiert.
Fußfessel schlägt Alarm
Die elektronische Fußfessel ist ein Sender, der am Fußgelenk befestigt wird und meldet, wo sich der Straftäter aufhält. Sucht der entlassene Straftäter „Verbotszonen“ wie Kinderspielplätze auf, wird umgehend Alarm geschlagen. Der elektronisch überwachte Hausarrest kann als Ersatz für kurze Freiheitsstrafen oder zur Überwachung der Bewährungszeit eingesetzt werden. Bei Personen, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden, kann mit der Fessel die Einhaltung der Auflagen der Gerichte kontrolliert werden.
NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) verwies im WDR darauf, dass die elektronische Fußfessel gerichtlich angeordnet werden müsse. Aus Sicht Kutschatys eignet sich die Fußfessel eher für leichtere Fälle. Verstößt der Entlassene gegen Auflagen, wird er durch einen Vibrationsalarm gewarnt. Danach wird die Polizei informiert. Von der elektronischen Fußfessel geht nach Angaben Kutschatys eine Abschreckungswirkung aus. Der NRW-Justizminister warnte aber vor überzogenen Erwartungen. So kann die Fessel Rückfalltaten nicht sicher verhindern, weil der Aufenthaltsort nur rückwirkend bestimmt werden kann.
Polizei skeptisch
Ziel ist es, dass bis Januar 2012 alle Bundesländer den Staatsvertrag unterzeichnen. In Hessen ist die Fußfessel bereits seit Jahren im Einsatz, in Baden-Württemberg wird sie im Oktober getestet. Bayern und Sachsen wollen die Fußfessel ab 2012 testen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete die elektronische Fußfessel als „riskante Beruhigungspille“. GdP-Bundesvize Frank Richter warnte davor, dass die Fußfessel rückfallgefährdete Straftäter nicht davon abhalte, ein Kind zu missbrauchen. Fußfesseln könnten allenfalls helfen, den Täter im Nachhinein zu überführen, böten aber dem Opfer keinen Schutz, sagte Richter. Bei einem Alarm sei die Reaktionszeit für die Polizei zu kurz. Richter sieht massiven Nachholbedarf in den meisten Bundesländern beim Bau geschlossener Therapieeinrichtungen für Sexualstraftäter.