Essen/Berlin.
Die Betuwe-Linie und der „Eiserne Rhein“ sind für die Deutsche Bahn wirtschaftlicher als Stuttgart 21. Doch die Deutsche Bahn bleibt hart – die Finanzierung beiden großen NRW-Bahnbauten ist völlig ungesichert.
Die Zweifel an Stuttgart 21 wachsen. Das umstrittene Bahnprojekt wird die politisch und rechtlich notwendige Wirtschaftlichkeitsgrenze nur mit Mühe und Not erreichen. Weit wirtschaftlicher sind dagegen zwei große NRW-Bahnbauten, deren Verwirklichung die Düsseldorfer Landesregierung fordert: Die Güterzuglinien „Betuwe“ und „Eiserner Rhein“ von den Benelux-Häfen Rotterdam und Antwerpen ins Ruhrgebiet. Das geht aus neuen Zahlen des Bundesverkehrsministeriums hervor. Sie liegen der WAZ vor.
Nachteil für Nordrhein-Westfalen: Die Finanzierung der beiden Strecken nach Holland und Belgien durch den Staat ist trotz ihrer Wirtschaftlichkeit und der durch sie erhofften Entlastung der verstopften NRW-Autobahnen völlig ungesichert – eben anders als in Stuttgart.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wird heute die 40 Projekte umfassende Überprüfungsliste „Bedarfsplan für die Schienenwege“ vorstellen. Sie ist seit einem halben Jahr überfällig und facht die Debatte um den Stuttgarter Bahnhof und die Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Ulm neu an.
Eigentlich war Rüdiger Grube angetreten, das Image der Deutschen Bahn aufzupolieren. Doch nun holen den Bahn-Chef alte Schlampereien und langwierige Baustellen ein. Ein Überblick über die Pannenserie der Bahn in jüngster Zeit:
Foto:
ddp
Immer wieder schlägt sich die Bahn mit den Klimaanlagen in den ICE-Zügen herum. Bei großer Hitze verwandeln sich die Züge in Bratröhren. Laut Eisenbahnbundesamt sind die Klimaanlagen nämlich gar nicht auf hohe Außentemperaturen ausgelegt. Sie machen bei 32 Grad schlapp.
Foto:
AP
Der bisherige Höhepunkt der Bahn-Klimakatastrophe: In einem ICE von Hannover nach Köln kollabierten an einem heißen Samstag Anfang Juli mehrere Schüler, nachdem die Klimaanlage ausgefallen war. Rettungskräfte mussten die Hitzeopfer in Bielefeld behandeln.
Foto:
ddp
Das war jedoch längst kein Einzelfall. Immer wieder kämpften im heißen Juli Passagiere mit der Hitze in den ICE. Mehrere Züge mussten evakuiert werden. Mitarbeiter vom THW versorgten die Fahrgäste mit Wasser. Kritiker werfen der Bahn vor, an der Sicherheit zu sparen.
Foto:
ddp
Die Pannenserie der jüngeren Zeit hatte im Jahr 2008 ihren Anfang genommen. Damals war ein ICE kurz vor dem Hauptbahnhof Köln entgleist. Ursache war ein Achsbruch. Die Passagiere entgingen damals nur knapp einer Katastrophe. Der Fall hatte weitreichende Konsequenzen …
Foto:
NRZ
… Seither müssen die ICE häufiger zur Wartung. Außerdem wird die Bahn zusammen mit den Herstellern, Siemens, Bombardier und Alstom, sämtliche Achsen austauschen. Allerdings wird das bis 2013 dauern. Durch die kürzeren Wartungsintervalle fehlen der Bahn jedoch Züge.
Foto:
ddp
Für Aufsehen sorgte auch ein Vorfall im April 2010 auf der ICE-Strecke zwischen Limburg und Montabaur. Ein ICE hatte bei voller Geschwindigkeit eine Tür verloren und den entgegenkommenden Zug schwer beschädigt …
Foto:
ddp
… Dabei zersplitterten die Scheiben des Bordbistros …
Foto:
ddp
… Mehrere Passagiere wurden durch Glassplitter verletzt und zogen sich leichte Schnittverletzungen zu, andere erlitten einen Schock.
Foto:
ddp
Im harten Winter 2010 kämpfte die Bahn mit der Kälte und dem Schnee. Eingefrorene Kupplungen und vom Schnee verstopfte Lüftungsschlitze bei den Klimaanlagen sorgten für Ärger. Etliche Züge waren stark verspätet oder fielen ganz aus.
Foto:
ddp
Ein Desaster waren die Probleme bei der Berliner S-Bahn, einer Tochter der Deutschen Bahn. Das Chaos hatte 2009 mit einem Unfall begonnen. Im Ortsteil Kaulsdorf war das Rad einer S-Bahn gebrochen.
Foto:
ddp
Bei den Ermittlungen wurden generelle Fahrzeugmängel und Schlampereien bei der Wartung der Züge öffentlich. Das Eisenbahnbundesamt zog daraufhin einen Großteil der S-Bahn-Flotte aus dem Verkehr.
Foto:
ddp
Die Folge war ein monatelanges Verkehrschaos im Berliner Nahverkehr, der bis dahin als vorbildlich galt.
Foto:
ddp
Weitere Ermittlungen ergaben schließlich, dass es bei der Berliner S-Bahn über Jahre hinweg systematische Manipulationen bei der Wartung der Züge gegeben hatte. Bis heute läuft der S-Bahn-Verkehr in Berlin noch nicht wieder rund.
Foto:
ddp
Auch die Wirtschaftskrise machte der Bahn einen Strich durch die Rechnung. Die Unternehmen ließen 2009 weniger Güter per Schiene transportieren. Die Folge: Die Bahn musste 50.000 Güterwaggons aufs Abstellgleis schieben …
Foto:
ddp
… Als die Nachfrage im Frühjahr 2010 wieder sprunghaft anstieg, waren bei vielen Wagen die Bremsen eingerostet. Sie mussten erst in die Werkstatt, die wegen der ICE-Probleme ohnehin proppevoll waren. Die Folge: Die Bahn verlor Aufträge.
Foto:
WAZ FotoPool
Die Bahn hatte im Sommer 2011 in einem internen Bericht für die Bundesregierung dargelegt, dass es im Schienennetz 2010 mehr Störungen und Verspätungen gab als noch im Vorjahr…
… Laut der Bahn sind 2010 rund 206.000 Störungen im Netz aufgetreten, das sind im täglichen Schnitt 564 und deutlich mehr als 2008. Da wurden 189 000 Störungen gemeldet.
Schicker als vorher ist er allemal, der im Sommer 2011 eingeweihnte, neue Dortmunder Hauptbahnhof. Blöd nur, dass Bahnreisende dort zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens nicht auf Toilette gehen können. Die Bahn konnte den WC-Betreiber nicht vom Gegenteil überzeugen…
Während der Frauen-WM 2011 wollte die Bahn neue Kunden locken. Wer fleißig Panini-Bildchen der Spielerinnen sammelte, konnte Fahrkarten gewinnen. 250.000 Stück hatte die Bahn versprochen. Viele Gewinner warteten jedoch vergebens auf ihre Tickets. Und so wurde aus der Werbeoffensive ein großes Ärgernis.
Vorwurf: Bei Stuttgart 21 werde bewusst „günstig gerechnet“ Nach den Berliner Rechnungen stehen bei der Schnellstrecke Stuttgart-Ulm Kosten von 2,53 Milliarden Euro einem Nutzen von drei Milliarden gegenüber – ein Wirtschaftlichkeitsfaktor von 1,2, in den aber 700 Millionen Euro durch Einnahmen im Güterverkehr einberechnet sind. Die Güterzugstrecke Antwerpen-Mönchengladbach-Ruhrgebiet erreicht dagegen ein Kosten-Nutzen-Verhältnis von 3,5, die Betuwe-Linie Emmerich-Oberhausen steht mit 1,3 auch noch besser da als Stuttgart 21.
Kritiker wie der Experte Prof. Christian Böttger werfen dem Verkehrsminister vor, Stuttgart 21 bewusst „günstig zu rechnen“, in dem er den nicht realisierbaren Güterverkehr einbeziehe. Böttger äußerte seine Kritik gestern vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages. SPD, Grüne und Linke forderten daraufhin erneut den sofortigen Baustopp. Denn nach der Bundeshaushaltsordnung sei das Projekt rechtlich unzulässig, wenn der Wirtschaftlichkeitsfaktor unter 1 liege.
Die Bürgerinitiative „Betuwe -So nicht!“ sieht sich im Januar 2010 in Wesel-Feldmark zusammen mit Bundestagsmitglied Sabine Weiss (CDU) die kritischen Stellen an der Betuwe-Strecke zwischen Lippedorf und Tannenhäuschen in Wesel an…. (Foto: Heiko Kempken)
Foto:
Heiko Kempken / WAZ FotoPool
… Von links: Gert Bork, Hanne Eckhardt (SPD), verdeckt: Uwe Rosner (Stadtverwaltung Wesel), CDU-Bundestagsmitglied Sabine Weiss, Horst Münnich. (Foto: Heiko Kempken)
Foto:
Heiko Kempken / WAZ FotoPool
Die Bürgerinitiative „Betuwe -So nicht!“ sieht sich im Januar 2010 in Wesel-Feldmark zusammen mit Bundestagsmitglied Sabine Weiss (CDU) die kritischen Stellen an der Betuwe-Strecke zwischen Lippedorf und Tannenhäuschen in Wesel an. (Foto: Heiko Kempken)
Foto:
Heiko Kempken / WAZ FotoPool
Demonstration der IG Biss in Freiburg im Winter 2009.
Foto:
NRZ
Demonstration der IG Biss in Freiburg im Winter 2009.
Foto:
NRZ
Protest von Betuwe-Gegnern im November 2009 auf der neuen Rheinbrücke in Wesel. (Foto: Ulla Michels)
Foto:
WAZ FotoPool
Die Bürgerinitiative „Betuwe-Linie: So nicht!“ nimmt im September 2009 eine Zugzählung am Bahnübergang Holtener Straße in Dinslaken-Hiesfeld vor. Von links: Heinz Mailänder und Gisela Barmscheidt von der BI. (Foto: Heiko Kempken)
Foto:
Heiko Kempken / WAZ FotoPool
Die Bürgerinitiative „Betuwe-Linie: So nicht!“ nimmt im September 2009 eine Zugzählung am Bahnübergang Holtener Straße in Dinslaken-Hiesfeld vor. (Foto: Heiko Kempken)
Foto:
Heiko Kempken / WAZ FotoPool
Demonstration gegen den Ausbau der Betuwe-Linie in Emmerich im September 2009.
Foto:
Emmericj
Demonstration gegen den Ausbau der Betuwe-Linie in Emmerich im September 2009.
Foto:
Emmericj
Übergabe von Unterschriftenlisten an Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee in Berlin im Juni 2009. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Der SPD-Ortsverein Dinslaken-Hiesfeld: So hoch ist eine Schallschutzwand. (Foto: Eduard Behrendt)
Foto:
NRZ
Der SPD-Ortsverein Dinslaken-Hiesfeld: So hoch ist eine Schallschutzwand. (Foto: Eduard Behrendt)
Foto:
NRZ
Rückstau in Rees-Haldern, da die Schranken wegen des erhöhten Güterverkehraufkommens so lange geschlossen sind, Mai 2009. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Betuwe-Gegner waren in Troisdorf und haben sich Schallschutzmaßnahmen der Deutschen Bahn angeschaut.
Foto:
NRZ
Betuwe-Gegner waren in Troisdorf und haben sich Schallschutzmaßnahmen der Deutschen Bahn angeschaut.
Foto:
NRZ
Treffen von Betuwe-Betroffenen in Rees-Millingen, März 2009. (Foto: Konrad Flintrop)
Foto:
NRZ
Plakat Aktion Mehrhoog gegen Schallmauer Betuwe
Foto:
unbekannt
Foto:
NRZ
Schallschutzmauer in Rees-Millingen im Januar 2009. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Schallschutzmauer in Rees-Millingen im Januar 2009. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Lärmschutzwand in Rees-Millingen wurde neu aufgebaut, August 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Bürgerprotest in Rees-Millingen im Januar 2009. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Informationsveranstaltung der Deutsche Bahn zur Betuwe in der Niederrheinhalle Wesel im Januar 2009 zur Betuwe. (Foto : Markus Weißenfels)
Foto:
NRZ
Informationsveranstaltung der Deutsche Bahn zur Betuwe in der Niederrheinhalle Wesel im Januar 2009 zur Betuwe. (Foto : Markus Weißenfels)
Foto:
NRZ
Bahnübergang Rees-Empel. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Info-Abend zum Thema Betuwe im Eltener Kolpinghaus im Emmerich-Elten im November 2008. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Info-Abend zur Betuwe im Emmericher Stadttheater im November 2008. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Güterzüge sorgen für Staus: Übergang B8 in Emmerich-Elten im August. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Warten bis der Güterzug vorbeigerauscht ist: Bahnübergang in Emmerich-Elten. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Mal wieder Schranken dicht: Der Güterzug parkt auf den Gleisen und wartet auf die freie Einfahrt zum Bahnhof Emmerich, Juni 2008. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Güterbahn im Schleichgang mit Hupe: Bahnübergang Borgheeser Weg Emmerich im Mai 2008. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protestplakat bei einer Veranstaltung im Reeser Bürgerhaus im Februar 2008. (Foto: Johannes Kruck)
Foto:
NRZ
Emmerich: Mal wieder geschlossene Bahnschranken wie hier am Löwentor, Dezember 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protest in Emmerich gegen die Betuwe-Linie im Februar 1994. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protest in Emmerich gegen die Betuwe-Linie im Juni 1993. (Foto: Andre Kramer)
Foto:
NRZ Kramer
NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke empfängt im Juni 2007 in Düsseldorf ein Protestschreiben zur Betuwe-Linie. (Foto: Norbert Kohnen)
Foto:
NRZ
Ein Güterzug rauscht an der zukünftigen Schallschutzwand am Neubaugebiet in Rees-Millingen vorbei, Juni 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Die Betuwe-Route durchschneidet die Landschaft wie hier bei Bemmel in den Niederlanden, Mai 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Die Betuwe-Route durchschneidet die Landschaft wie hier bei Bemmel in den Niederlanden, Mai 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protest in Rees-Millingen gegen oft geschlossene Bahnschranken, Mai 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protest in Rees-Millingen gegen oft geschlossene Bahnschranken, Mai 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protest in Rees-Millingen gegen oft geschlossene Bahnschranken, Mai 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Protest in Rees-Millingen gegen oft geschlossene Bahnschranken, Mai 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Stau durch Güterzüge, die oft vor der Einfahrt Emmerich halten müssen, März 2007. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Güterverkehr bei Wesel. (Foto: Ron Franke)
Foto:
Ron Franke
NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke besucht Emmerich. Thema ist die Betuwe-Linie, Mai 2006. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Lärmschutz in Holland, nahe der deutschen Grenze. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Ein Güterzug durchquert Rees-Millingen, Oktober 2008. (Foto: Dirk Schuster)
Foto:
NRZ
Ein Zug der Railion fährt im März 2008 an dem Sportplatz an der Wittekindstraße in Oberhausen vorbei. (Foto: Kurt Michelis)
Foto:
NRZ
Am Mühlenweg in der Feldmark (Wesel) sind die Häuser direkt an den Bahngleisen, März 2008. (Foto: Markus Weißenfels)
Foto:
NRZ