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Linke Alphatiere bekommen Konkurrenz

Linke Alphatiere bekommen Konkurrenz

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Foto: AP

Berlin. Die Linke feiert ihren Sieg und träumt schon von Düsseldorf. „Fünf Prozent plus X“ peilt sie für die NRW-Wahl an. Ein bescheidenes Ziel, denn ein zweistelliges Ergebnis könnte drin sein. Doch in der Partei grummelt es. Die Führungsriege ist vielen zu männlich, zu alt, zu wenig repräsentativ.

Da waren’s nur noch vier: Sonntag sitzt die Linkspartei in zwölf von 16 Landesparlamenten. Das nächste Ziel: der Einzug in NRW. Dann wären’s nur noch drei – aber spätestens seit ihrem Zwölf-Prozent-Erfolg im Bund rechnen sich die Linken auch in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern Chancen aus.

„Fünf Prozent plus X“ gab Chefstratege Dietmar Bartsch für die Landtagswahl in NRW aus. Ein bescheidenes Ziel, im Vergleich zum zweistelligen Ergebnis von Sonntagsabend. Doch Bartsch kennt die Grenzen seiner Partei im Westen: „Wir wollen einen Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen. Fünf Prozent wären gut, alles weitere natürlich besser“, kalkuliert der Bundesgeschäftsführer.

Linke soll weiblicher werden

Dass im Mai in NRW durchaus zweistellige Ergebnisse für die Linkspartei drin sein könnten, hat Sahra Wagenknecht gezeigt: In Düsseldorf kam die kommunistische Hardlinerin am Sonntag schon mal auf 9,7 Prozent der Erststimmen. „Das habe ich nicht erwartet“, freut sich die 40-Jährige. Es ist Montagmorgen, der Parteivorstand ist in Berlin im Verlagshaus des „Neuen Deutschland“ zusammen gekommen. Auf den Plätzen steht Sekt und in den Gesichtern die Zufriedenheit der Gewinner.

Doch in der Partei grummelt es. Die Führungsriege ist vielen zu männlich, zu alt, zu wenig repräsentativ für das neue linke Politikgefühl. Die Linke „sollte auf jeden Fall weiblicher werden“, hat die 31-jährige Vorstandsvize Katja Kipping schon früh morgens im Radio-Interview gesagt, auch am Wahlabend ist das Lob für die männliche Parteispitze bei vielen eher höflich ausgefallen, die Werbung für die „vielen guten Frauen“ in der zweiten Reihe dafür umso heftiger. Man sieht: Die alten Zug-pferde werden noch gebraucht, die Jungen scharren aber schon mit den Hufen: „Die Einsicht, dass sie junge Leute ranlassen müssen, wird wachsen“, sagt Konstantin Bender, Wahlkampfkoordinator der Linksjugend mit Blick auf die Generation 60-Plus an der Parteispitze – Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Lothar Bisky. Für den 30-jährigen Nachwuchsmann sind die wichtigsten Figuren der nächsten Generation allesamt Frauen: Bildungsexpertin Nele Hirsch (29), Bundesvize Katja Kipping (31) und Katharina Dahme (23), die Sprecherin der Linksjugend.

Schonprogramm für SPD

Claudia Jäger sieht das genauso. Rote Rosen hat die Links-Wählerin mitgebracht ins Partyzelt ihrer Partei am Prenzlauer Berg. Für Gregor Gysi? „Nee!“, lacht sie. „Für die tollen Frauen im Bundestag: Gesine Lötzsch, Petra Pau, Diana Golze.“ Alle jünger als fünfzig – alle passen ins neue Bild, das die Partei von sich malen möchte: Links, jung, weiblich. An diesem Abend kommen dennoch erst die Alphatiere der Partei auf die Bühne. Bartsch, Ramelow, Gysi und Lafontaine – und dann erst eine Frau, Petra Pau.

Bereits eine Viertelstunde vor den ersten Prognosen wartet Bodo Ramelow, der linke Spitzenkandidat aus Thüringen unten an der Bühne auf seinen Auftritt. Ramelow ist an diesem Abend vor allem in eigener Sache unterwegs. Seit der Wahlgewinner verkündet hat, er sei unter Umständen bereit, auf den Ministerpräsidentenjob zu verzichten, gibt es Ärger mit der Partei. Endlich darf er reden und sich erklären: „Ich bin Teil dieser Partei!“ ruft Bodo Ramelow den versammelten Genossen zu. Ganz so, als gebe es hier viele, die das nicht mehr so sehen.

Und der Wunschpartner SPD? Der bekommt gute Ratschläge statt Häme und deutliche Offerten für ein linkes Lager. Die Linkspartei weiß genau: Mit einer allzu schwachen, einer „handlungsunfähigen SPD“ lässt sich nichts beginnen. Um die Gunst betteln werden sie aber nicht. Gregor Gysi: „Wenn da was zusammen laufen soll, muss sich die SPD viel, wir uns aber nur wenig bewegen.“ Rund Zwölf Prozent sind eben gut fürs Ego. Na, ist doch gut gelaufen: Lothar Bisky und Oskar Lafontaine stoßen an und denken schon an die nächsten Ziele.