Kinder müssen vor Armut geschützt werden, denn fast jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht. Und das ist nicht nur bei Familien der Fall, in denen die Eltern arbeitslos sind. So leben von 2,8 Millionen Kindern und Jugendlichen, deren Familien auf soziale Leistungen angewiesen sind, 1,6 Millionen in Familien, bei denen zumindest eine Person erwerbstätig ist.
Die Kindergrundsicherung soll dem Ganzen entgegenwirken. Bundesfamilienministerin Lisa Paus bezeichnet diese daher als zentrales sozialpolitisches Projekt der Bundesregierung. Die Grünen-Politikerin hat ein Konzept für die Grundsicherung vorgelegt, das für die Umsetzung rund zwölf Milliarden Euro vorsieht.
Für Kindergrundsicherung bislang kein Geld
Bislang hat sich die Bundesregierung nicht auf Eckpunkte der im Koalitionsvertrag vereinbarten Kindergrundsicherung verständigt. In der Finanzplanung ist dafür bisher kein Geld vorgesehen. Finanzminister Christian Lindner hatte kürzlich das Vorhaben generell in Frage gestellt. Es sei nicht unbedingt sinnvoll, „mehr Geld zu überweisen“, so der FDP-Politiker. Seiner Ansicht nach gehe es vor allem um Digitalisierung und Vereinfachung der Förderung.
Bei der Kindergrundsicherung sollen Leistungen vom Kindergeld über den Kinderzuschlag bis zur finanziellen Unterstützung für Klassenfahrten und Freizeit gebündelt werden. „Wichtig ist vor allem, dass die Leistungen viel einfacher als heute in Anspruch genommen werden können“, schreibt Marcel Fratzscher in der „Zeit“. Denn: „bisher sind Kinderzuschlag und Teilhabeleistungen wenig bekannt und auch noch recht kompliziert zu beantragen, sodass die meisten Eltern das ihnen zustehenden Geld nicht nutzen.“ Der Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) schätzt, dass zwei Drittel aller Familien den Kinderzuschlag nicht beantragen, obwohl sie Anspruch hätten.
Kindergrundsicherung: „Führt kein Weg dran vorbei“
Der Paritätische Gesamtverband übt nun scharfe Kritik an der Blockadehaltung von Lindner. Er warnt den Bundesfinanzminister davor, die geplante Kindergrundsicherung scheitern zu lassen. „Es wäre verwerflich, den Kampf gegen Kinderarmut gegen Rüstung auszuspielen“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.
Dabei verwies er auf die Forderungen nach mehr Militärausgaben. „Es führt kein Weg an der Kindergrundsicherung vorbei. Und es ist Aufgabe des Finanzministers, die Mittel dafür zu besorgen“, so Schneider.
Kindergrundsicherung: „Nötiges Geld muss zur Verfügung gestellt werden“
Der Vizevorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Andreas Audretsch, sagte der „Rheinischen Post“: „Internationale Verantwortung, Klimaschutz und eine gute Zukunft für unsere Kinder dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir müssen darum über Einsparungen durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen und über Möglichkeiten gerechter Mehreinnahmen sprechen.“ SPD, Grüne und FDP hätten sich als Priorität gesetzt, eine gute Zukunft für Kinder zu schaffen. „Nun muss das nötige Geld für die Kindergrundsicherung zur Verfügung gestellt werden.“
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Der Deutsche Landkreistag warnte in der Debatte vor einem Schnellschuss und massiven Fehlern bei der Ausgestaltung. Der Präsident, Landrat Reinhard Sager (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Geht man hier nicht sorgfältig vor, besteht die Gefahr, dass sich für die Familien die Zahl der zuständigen Behörden verdoppelt, man das Reformziel verfehlt und wie so oft bei Sozialleistungen wieder alles nur noch komplizierter wird.“