Dortmund. Nach der Bekanntgabe des riesigen Haushaltslochs in Dortmund gerät Noch-Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer immer mehr in die Defensive. Kämmerin Christiane Uthemann soll gehen und hat sich bereits krank gemeldet.
Radikaler Kurswechsel im Dortmunder Rathaus: Unter dem Eindruck der Haushaltslüge durch den amtierenden Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer und Stadtkämmerin Christiane Uthemann ziehen SPD und Grüne nun doch einen Nachtragshaushalt in Betracht. Außerdem drängt Rot-Grün auf personelle Konsequenzen: Langemeyer wird unmissverständlich aufgefordert, die Kämmerin „mit sofortiger Wirkung” von ihren Aufgaben zu entbinden.
Damit hat die neue rot-grüne Ratsmehrheit den noch bis zum 20. Oktober gewählten SPD-OB Langemeyer praktisch kaltgestellt. Kulturdezernent Jörg Stüdemann (SPD) hat die Verantwortung für die Stadtfinanzen bereits gestern übernommen. Uthemann (54) hatte sich am Morgen krank gemeldet – wie es hieß „auf unbestimmte Zeit”.
Grüne sprechen Sierau von Verdacht frei
Pikant: Stüdemann war Mitbewerber um die OB-Kandidatur, als die Dortmunder SPD-Spitze im Herbst 2008 gegen Langemeyer putschte. Später zog er in einer parteiinternen Abstimmung gegenüber seinem damaligen Herausforderer Ullrich Sierau den Kürzeren. Als Dezernent für Kultur, Sport und Freizeit ist Stüdemann von der am Tag nach der Wahl verkündeten Haushaltssperre besonders betroffen. Gestern kündigte er bereits Kürzungen am Budget für die Kulturhauptstadt 2010 an.
Langemeyers Nachfolger Ullrich Sierau (SPD) sprechen die Grünen übrigens von jeglichem Verdacht frei. Sierau habe glaubhaft versichert, dass er vor der Kommunalwahl nichts von der Haushaltssperre und dem Millionen-Loch im Dortmunder Etat gewusst habe, hieß es gestern in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Fraktionen von SPD und Grünen. Sierau steht seit Tagen schwer unter Druck. CDU und FDP werfen dem Stadtdirektor und stellvertretenden Verwaltungschef vor, er habe die Haushaltslüge mitgetragen.
Wiederholt hatte Sierau beteuert, nichts von den Vorgängen gewusst zu haben, „auch wenn das schwer vermittelbar” sei. „Ich werbe dafür, gemeinsam mit dem Regierungspräsidenten darüber nachzudenken, wie ein Nachtragshaushalt aussehen kann”, sagte Sierau der WAZ. Er wolle keinen Grabenkrieg mit Arnsberg, sondern im Interesse der Stadt eine Zusammenarbeit. Ein Nachtragshaushalt legt alle Zahlen offen und macht Einsparvorschläge. Die Arnsberger Bezirksregierung muss ihn genehmigen. Bisher war der Dortmunder Haushalt nur „anzeigepflichtig”.
Parteiordnungsverfahren gegen Langemeyer im Gespräch
Gerhard Langemeyer gerät in der Dortmunder SPD derweil immer weiter ins Abseits. Als am Montag nach der Kommunalwahl der geschäftsführende Vorstand tagte, erwähnte Langemeyer nach WAZ-Informationen mit keinem Wort, dass er nur wenige Stunden später eine Haushaltssperre verkünden würde. Die anderen Vorstandsmitglieder erfuhren davon teilweise erst am anderen Tag. In der ersten Erregung wurde ein Parteiordnungsverfahren gegen Langemeyer ins Spiel gebracht. Dass es bislang nicht weiter verfolgt wurde, mag auch damit zusammenhängen, dass die Bundes-SPD knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl überhaupt kein Interesse daran hat, dass ihre Herzkammer noch mehr flimmert also ohnehin schon.
Eine Einflussnahme aus Berlin dementierte am Montag Dortmunds Parteichef Franz-Josef Drabig. Über ein solches Ordnungsverfahren entscheide eine Schiedskommission vor Ort, da habe die Bundespartei nicht mitzureden. Darüber hinaus sei der Ruf nach einer Strafe gegen Langemeyer keine Mehrheitsmeinung. Allerdings räumte Drabig ein, dass das Ergebnis in Dortmund durchaus Symbolwirkung bei der Bundestagswahl entfalte.
- Diskussion: Wahlbetrug der SPD in Dortmund?