Spätestens mit dem Einzug Deutschlands ins EM-Viertelfinale ist nun endgültig Sommermärchen-Stimmung im Land angekommen. Alle fiebern dem Spiel gegen Mitfavorit Spanien entgegen und träumen vom Titel für die Nagelsmann-Truppe.
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Doch obwohl viele Fans mit offiziellen oder den PR-Trikots von Check24 herumlaufen, fällt im Vergleich zur heimischen WM 2006 doch eine Sache auf: Im Straßenbild wehen deutlich weniger Deutschland-Fahnen. Während früher gefühlt an jedem zweiten Auto schwarz-rot-goldene Fähnchen flatterten oder von den Balkonen herunter hingen, sind die Deutschen nun deutlich zurückhaltender. Liegt es etwa an der Politik?
EM 2024: Was sollen denn die Nachbarn denken?
Ein Verdacht kommt auf: Wer sich (zu) offensiv als Patriot zeigt, könnte schnell in Verdacht geraten, der AfD nahe zu stehen. Nach dem Motto: Was sollen denn die Nachbarn über mich denken?
So ähnlich vermutet es beispielsweise Jens Blankennagel in der „Berliner Zeitung“. Er beobachtet, dass die Nationalflagge in Deutschland wie wohl in kaum einem anderen Land „einer politischen Richtung überlassen wird“ – dem rechten Spektrum. „Wer Schwarz-Rot-Gold flaggt, gilt einigen mindestens als potenzieller Nationalist“, so Blankennagel. „Vielleicht haben in Zeiten der Hysterie und politischen Zuspitzung die früheren Flaggenfans ganz einfach Angst um ihre Autos und Fensterscheiben“, vermutet er weiter.
Deutschland-Flagge als Code für AfD-Sympathie?
Im Netz findet man Beiträge, die diese Sichtweise unterstreichen. So postete eine Frau auf X das Bild eines schwarz-rot-gold geschmückten Gartens. „Glaube ja fast, meine Nachbarn freuen sich auf das Spiel heute Abend“, kommentierte sie. Woraufhin ein anderer entgegnete: „Oder über den AfD-Parteitag!“
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Eine andere berichtete, wie sie eine Freundin mit dem Auto abholte und diese darum bat, die Fahne vom Wagen zu entfernen. „Man denkt doch sofort an AfD und Nazis“, begründete die Freundin ihren Wunsch. Die X-Userin berichtet, dass sie die Flagge dann tatsächlich entfernt habe und nun traurig sei. „Danke, AfD“, schreibt sie betrübt.
Auch in der linken „taz“ wird die Verbindung zwischen AfD-Nähe und deutschen Flaggen im Privaten hergestellt. Der Autor Hussam Al-Zaher schreibt, wie er auf dem Weg zur Arbeit in Hamburg an einem Wohnhaus mit deutscher Flagge im Fenster vorbeiging: „Meine erste Reaktion: Angst. Ich fragte mich, ob da jemand wohnt, der politisch rechts ist? Und ob das ein Zeichen gegen uns Ausländer ist?“
Die Flagge des demokratischen Deutschlands
Liegt es also tatsächlich an der Politik? Klar ist: Im Jahr 2006 gab es noch keine AfD und keine andere starke Rechtsaußen-Partei. Damals bekannte sich vor allem auch die jüngere Generation wieder zur Fahne, das Symbol hatte etwas Unschuldiges und stand für das moderne Deutschland der Berliner Republik, für Vielfalt und Demokratie. Ein neues Kapitel der deutschen Geschichte – weit entfernt von den Jahren 1933 bis 45.
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In der Politik wird daher schon seit Jahren gefordert, dieses nationale Symbol, das seit der Revolution 1848/49 für ein republikanisches und rechtsstaatliches Deutschland steht, nicht Rechtsradikalen zu überlassen. In der Mitte der Gesellschaft scheint das aber noch nicht angekommen zu sein.