Auf der MS Viola von Phoenix Reisen sollte es für Menschen ein unbeschwertes Flusskreuzfahrterlebnis (dazu auch interessant) geben. Doch dieses Jahr verlief anders als geplant: Das barrierefreie Schiff wurde zur Notunterkunft für ukrainische Flüchtlinge umfunktioniert.
Die Entscheidung des Unternehmens führte zu abgesagten Kreuzfahrten und endete schließlich vor Gericht – zwei Gäste haben Phoenix Reisen auf Schadensersatz verklagt.
Kreuzfahrt: Reederei setzt sich für Flüchtlinge ein
Johannes Zurnieden, Geschäftsführer von Phoenix Reisen, hatte die MS Viola eigens umbauen lassen, um Menschen mit Behinderungen die Teilnahme an Flusskreuzfahrten zu ermöglichen. Begleitet von ehrenamtlichen Kräften des Malteser Hilfsdienstes, sollte die MS Viola in den wärmeren Monaten den Rhein von Bonn nach Holland und Belgien befahren. Doch in diesem Jahr kam alles anders, wie der „General Anzeiger“ berichtete.
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Im Februar erhielt die mit dem Betrieb des Schiffes beauftragte niederländische Reederei die Anfrage, das Schiff in Arnheim für ukrainische Flüchtlinge, insbesondere für solche mit Behinderung, als Notunterkunft bereitzustellen. Zurnieden und Otto Grön von der Reederei entschieden, der Bitte nachzukommen. Dies führte zur Absage bereits gebuchter Kreuzfahrten und letztendlich zu Schadensersatzklagen von zwei Gästen vor dem Bonner Amtsgericht.
„Und dann müssen wir uns mit solchen Klagen befassen“
Die Kläger fordern Schadensersatz in Höhe von 659 Euro beziehungsweise rund 6.000 Euro, jeweils für abgesagte Kreuzfahrten. In der Verhandlung machten Zurnieden und Grön soziale und menschliche Beweggründe für ihre Entscheidung geltend. Das Schiff wurde nicht vom Staat beschlagnahmt, die Absage erfolgte aufgrund freiwilliger Zurverfügungstellung als Notunterkunft.
Richter Jan Kraus betonte während der Verhandlung, dass es auf die Beweggründe für die Absage ankomme. Trotz der sozialen und menschlichen Aspekte könnte es rechtlich auf eine Schadensersatzzahlung hinauslaufen. Phoenix Reisen erhält keine Entschädigung vom Staat, die Kosten für das nautische und technische Personal sowie Betriebsausgaben werden nicht gedeckt.
Eine Entscheidung wird am 21. November erwartet. Zurnieden zeigt sich nach der Verhandlung enttäuscht über die Haltung der Kläger, betont jedoch, dass es ihm nicht um das Geld gehe. In seinen Worten: „Da kommen Menschen zu uns, die nichts haben und nicht wissen, wo sie wohnen sollen, und dann müssen wir uns mit solchen Klagen befassen.“
Geschichte erinnert an neue Serie
Wie im Film: Das Szenario weist Parallelen zu einer im November gestarteten Sky-Serie auf. In „Unwanted“ wird das luxuriöse Kreuzfahrtschiff „Orrizzonte“ zur Kulisse einer kontroversen Auseinandersetzung zwischen Tausenden europäischen Touristen und Geflüchteten, die vor Krieg und Folter fliehen. Mit Pools, Discos, Designergeschäften und 15 Restaurants verspricht das Schiff einen Traumurlaub im Mittelmeer. Doch bereits in der ersten Nacht begegnet es einem gekenterten Schlepperboot aus Libyen.
Die Menschen an Bord tragen die Narben von Folter, suchen Schutz und hoffen auf eine sichere Ankunft in Italien. Doch als sie erfahren, dass der Kapitän plant, sie zurück nach Libyen zu bringen, eskaliert die Situation. In diesem Spannungsfeld müssen auch die Urlauber auf dem Luxusliner ihre Position zur Flüchtlingskrise überdenken.
Mittelmeer wird in Serie zum politischen Schauplatz
Seit 2015, mit dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen durch den Syrienkrieg und andere globale Krisen, ist klar: Das Mittelmeer ist mehr als nur ein Gewässer – es ist ein Ort politischer Konflikte. Diese Kontraste treffen in der Serie aufeinander, und das Kreuzfahrtschiff wird zur perfekten Metapher.
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Die Serie „Unwanted“ illustriert eindringlich die Diskrepanz zwischen dem Luxus und der Umweltbelastung, die mit diesem Form von Urlaub einhergeht, und dem Wohlstand Europas. Gleichzeitig erinnert sie daran, dass am gleichen Ort Menschen auf der Flucht ihr Leben riskieren.