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Junggesellenabschied – erlaubt ist, was gefällt

Junggesellenabschied – erlaubt ist, was gefällt

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Foto: Uwe Schaffmeister
Bräuche zur Hochzeit sind aktueller denn je. Auch der Junggesellenabschied gehört dazu, wird gern und oft wild gefeiert. Erfindung der Bierindustrie? Mitnichten: In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg etwa war dieser Abschied viel relevanter als heute.

Essen. 

Sie kommen nicht allein, meist sind sie verkleidet, sie sind stets ausgelassen fröhlich und oft wollen sie auch noch etwas verkaufen – Blümchen, Bonbons, kleine Schnäpse und auch Kondome. Wer kauft, küsst – die Braut oder den Bräutigam, schließlich feiern die kurz vor der Hochzeit noch den Abschied von der Junggesellenzeit. Gerne in der lokalen Kneipenszene, auf großen Festen oder in Discotheken.

Frau hat ihre Freundinnen, man(n) seine Kumpels. Erlaubt ist, was gefällt und so kurz vor der Eheschließung nicht den Rahmen sprengt. Schließlich ist nach der Trauung Schluss mit lustig und Fremdküssen und -gehen verboten.

Junggesellenabschied – ein „Übergangsbrauch“

Christiane Cantauw, Volkskundlerin beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster, sieht gar eine Art Brauchtum-Revival: „Seit ungefähr 15 Jahren sind Bräuche zur Hochzeit aktueller denn je. Ob brav oder etwas wüster: Hochzeiter nehmen gerne das volle Programm und nehmen dabei gerne so viele Bräuche wie nur möglich mit.“

HeiratenDabei ist der Junggesellenabschied eigentlich ein so genannter Übergangsbrauch, der eine lebensgeschichtlich relevante Stelle markiert. Jemand, der auf der Schwelle vom Junggesellen zum Verheirateten steht, muss aus dem vorherigen Status verabschiedet werden.

In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg etwa war dieser Abschied viel relevanter als heute, weil damals die unverheirateten Leute im Ort sehr wichtige Brauchträger waren, beispielsweise beim Nikolaustreiben oder in der Walpurgisnacht. Einmal verheiratet, gehörte man nicht mehr dazu. „Das gehörte sich nicht“, sagt die Volkskundlerin.

Zeugen für die Auslösung finden

Die Abschiede vom Junggesellenleben waren früher etwas einfacher gestrickt: Die Frauen haben ihre Freundinnen zum Kaffeetrinken eingeladen, die Männer haben gemeinsam etwas getrunken. Der Ehemann war verpflichtet, die anderen auszuhalten, vornehmlich die Jugendlichen des Dorfes, aus dem das Mädchen stammte. Sozusagen um die Braut „auszulösen“.

„Viel und gerne getrunken wird bei allen Bräuchen“, sagt Christiane Cantauw, „in den vergangenen Jahren sind viele Paare mehr und mehr dazu übergegangen, irgendwelche Dinge zu verkaufen und sich zu verkleiden, auf jeden Fall alles als sehr öffentliche Aktivität und um Kontakt mit dem anderen Geschlecht aufzunehmen.

Die, die was kaufen, kriegen einen Kuss, Stripper oder Bauchtänzerinnen sind ebenfalls oft mit unterwegs. Es geht schlicht darum, Zeugen für die Auslösung zu finden.