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Flucht aus der Ukraine: Mutter aus Mariupol erzählt vom Angriff der Russen – „Empörung und Schock“

Olena und ihre Kinder überlebten den schrecklichen Bomben-Angriff auf das Theater von Mariupol. Hunderte Menschen starben.

© privat

Die Geschichte von Olena und ihren Kindern

Olena und ihre drei Kinder sind Überlebende des Theater-Anschlags in Mariupol. Doch schon zuvor entkam die kleine Familie auf ihrer Flucht bei einem Bombenangriff in der Ukraine nur knapp dem Tod

Am 24. Februar jährt sich der russische Angriff auf die Ukraine zum zweiten Mal. Zahlreiche Menschen sind seitdem geflüchtet – unter anderem nach Deutschland. Wir haben mit Geflüchteten gesprochen und wollen ihre Geschichten anlässlich des traurigen Jahrestages in einer Artikel-Serie erneut erzählen.

„Unser Leben war wunderschön. Wir hatten alles. Dann kam der Krieg.“

Viele Geschichten von Flüchtlingen aus der Ukraine fangen so an. Auch die von Olena (damals 46). Sie lebte zusammen mit ihren drei Kindern (damals 10, 12 und 28) in der Hafenstadt Mariupol. Auf der Flucht vor Gewalt, Bomben und dem Tod fanden sie den Weg in die Ruhrgebietsstadt Essen. Hier wohnen sie in einer Flüchtlingsunterkunft. Olena und ihre Kinder überlebten den schrecklichen Luftangriff auf das Theater von Mariupol im März 2022. Medien berichteten damals von bis zu 600 Toten. Eine offizielle Zahl gibt es jedoch nicht. 

Im ersten Teil dieser Geschichte erzählt Olena davon, wie sie vom Krieg in ihrem Heimatland erfuhr, von ihren ersten Gedanken und wieso eine schnelle Flucht aus Mariupol für die kleine Familie unmöglich war. 

Olena erfuhr zuhause vom Kriegs-Ausbruch

Weinen könne sie nicht mehr. Das habe sie in der Ukraine bereits genug getan, meint Olena. Gefasst und ruhig schildert sie die schrecklichen Erlebnisse kurz nach Kriegsausbruch und auf ihrer Flucht. Wir treffen sie zusammen mit ihrer 12-jährigen Tochter Dasha in einem Café in der Essener Innenstadt. Für das Interview kam Dasha extra früher aus der Schule. Es sei ihnen wichtig, ihre persönliche Geschichte zu erzählen. Schließlich gehe der Krieg in der Ukraine weiter – auch, wenn das mediale Interesse nicht mehr so gegeben ist wie zu Beginn des Krieges. 

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Der Beginn des Krieges: ein Tag, an den sich Olena noch sehr gut erinnern kann. Immerhin war es der Tag, an dem ihre heile Welt zerbrach – ihre Welt in ihrer geliebten Heimat. Dort hatten sie ein Eigenheim. Olena war zuhause, als sie von dem Angriff der Russen erfuhr. „Wir haben ganz normal gefrühstückt und die Kinder haben sich dann auf den Weg in die Schule gemacht“, schildert sie. Wie jeden Morgen schaute sie auch am 24. Februar 2022 die Nachrichten. So erfuhr sie von dem Überfall auf ihr Land. Ihre Gefühle dabei? „Empörung und Schock“, sagt sie. 

Schüsse und Explosionen waren Alltag

Doch für Olena und ihre Kinder ist Krieg eigentlich nichts Neues. Mariupol liegt in der Donezker Oblast im ostukrainischen Gebiet Donbass. Dort gibt es schon seit 2014 immer wieder heftige Kämpfe zwischen pro-russischen Separatisten und dem ukrainischen Militär. Immer wieder bekamen Olena und ihre Kinder auch Explosionen mit. Und auch, dass der Krieg das ganze Land heimsuchen wird, hielten sie zuletzt nicht für unwahrscheinlich. „Die Nachrichten waren schon unsicher und die Unruhen haben wir gespürt“, sagt Olena.  

Olena mit ihren beiden Kindern Nikita und Dasha. Foto: privat

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Doch die Angst packte sie vor dem 24. Februar 2022 noch nicht. „Seit 2014 hatten wir schon einiges erlebt.“ Vielleicht sei es für sie am Ende sogar Gewohnheit gewesen, dass unmittelbar in ihrer Nähe bereits regelmäßig geschossen und bombardiert wurde. Den Gedanken, Mariupol zu verlassen, hatten sie da noch nicht. „Die Stadt war am Blühen. Da war alles aufgebaut, superschöne Stadt“, betont Olena. 

Als die Panik in Mariupol ausbrach

Und auch als der Krieg im ganzen Land ausbrach, wollte Olena zunächst noch nicht fliehen. Immerhin war Mariupol ihr Lebensmittelpunkt. Sie lebte gerne hier. Und eine direkte Flucht war auch zunächst gar nicht möglich. Es brach große Panik in der Stadt aus, an den Tankstellen gab es lange Schlangen. Viele Ukrainer wollten den Bomben und Angriffen der Russen entkommen. Es herrschte Kraftstoffmangel, es gab Staus. Kein Entkommen aus der Kriegshölle. „Wir wussten nicht, was wir machen sollen. Wir wussten auch nicht, was passieren würde, wenn wir fliehen würden“, berichtet Olena.  


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Es habe nur einen Weg raus aus Mariupol gegeben. Und der sei Nonstop unter Beschuss gewesen – viel zu gefährlich also. Weil Mariupol nah am umkämpften Donbass liegt, war die Stadt eins der ersten Ziele der Russen. Und Olena und ihre Kinder lebten in einem besonders gefährlichen Bereich am Stadtrand. Dort gab es einen militärischen Checkpoint, einen sogenannten Blockposten. Hier schlugen regelmäßig Raketen ein. Nach einigen Wochen dann der Entschluss: Olena und ihre Kinder ziehen zu ihren Eltern in die Stadtmitte von Mariupol. 

Wie es dort für die kleine Familie weiterging und wie sie einen Bomben-Angriff im Bunker miterlebten, erfährst du am Mittwoch (21. Februar) in Teil 2 des Interviews. Folge uns auf Facebook oder Instagram, um keinen Teil zu verpassen.