Der mutmaßliche Attentäter Anders Behring Breivik will sich von einem japanischen Psychiater untersuchenlassen. Breivik denkt, ein Japaner würde ihn und den „Ehrbegriff“ besser verstehen als ein Europäer.
Oslo.
Der geständige Attentäter von Norwegen, Anders Behring Breivik, möchte nach Angaben seines Anwalts von einem japanischen Psychiater untersucht werden. Dieser Wunsch habe mit dem „Ehrbegriff“ seines Mandanten zu tun, sagte Behring Breiviks Anwalt Geir Lippestad am Dienstag der norwegischen Zeitung „Dagens Naeringsliv“.
„Er denkt, dass ihn ein Japaner besser verstehen würde als ein Europäer.“ Das Gericht in Oslo hatte die norwegischen Psychiater Synne Sörheim und Torgeir Husby damit beauftragt, den Geisteszustand des geständigen Attentäters zu untersuchen und über seine Zurechnungsfähigkeit zu entscheiden. Behring Breivik habe ihm nichts darüber gesagt, dass er sich weigere, mit den beiden zu sprechen, sagte Lippestad.
Lippestad ist selbst Mitglied der Arbeiterpartei, gegen deren Politik sich die Anschläge in Oslo und auf Utöya mit 77 Toten am 22. Juli gerichtet hatten. Er hatte seinen Mandaten kurz nach dem Attentat als „verrückt“ bezeichnet. Sollte Behring Breivik für unzurechnungsfähig erklärt werden, könne er „nicht in einem Gefängnis bestraft werden“. Nach Einschätzung mehrerer Psychiater dürfte er jedoch als zurechnungsfähig eingestuft werden. Dann müsste er seine Strafe im Gefängnis absitzen und würde nicht in die Psychiatrie kommen.
Stoltenberg fordert norwegische Politiker zur Zurückhaltung auf
Nach dem Doppelanschlag mit 77 Toten hat der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg die politischen Führer des Landes zu mehr Zurückhaltung in ihren Äußerungen aufgefordert. Ohne sich gegen jemanden bestimmten zu richten, schien Stoltenberg am Montag bei der Rede im Parlament auf die zuweilen scharfen Debatten über Einwanderungsfragen einzugehen.
Die Anschläge vom 22. Juli gäben Anlass darüber nachzudenken, „was wir gedacht, gesagt und geschrieben haben“. Der Ministerpräsident fügte hinzu: „Das gilt für Politiker, für Redakteure, in der Kantine und im Internet.“
Parlamentspräsident Dag Terje Andersen verlas bei der Gedenkfeier die Namen der Opfer der Anschläge. Abgeordnete, Minister, König Harald von Norwegen und Kronprinz Haakon legten eine Schweigeminute ein. Stoltenberg erklärte den 21. August zum nationalen Gedenktag für die Anschlagsopfer.
Fortschrittspartei verurteilte die Anschläge scharf
„Wir alle müssen aus dieser Tragödie lernen“, sagte Stoltenberg. „Wir versprechen, den Geist des 22. Julis zu erhalten, wenn wir unsere politische Arbeit wieder aufnehmen.“ Die norwegischen Parteien hatten sich kürzlich darauf verständigt, den Wahlkampfauftakt für die Kommunalwahlen im September bis Mitte August zu verschieben.
Der geständige Täter Anders Behring Breivik hatte gesagt, seine Anschläge seien der Versuch einer kulturellen Revolution, um Europa von Muslimen zu säubern und jene Politiker zu bestrafen, die dem Multikulturalismus anhingen.
Die norwegische Fortschrittspartei, die sich immer wieder gegen Einwanderung ausgesprochen hatte, bestätigte, dass Breivik einst Mitglied der Partei war. Die Fortschrittspartei verurteilte die Anschläge jedoch scharf und äußerte Sympathie für die sozialdemokratische Arbeiterpartei, deren Jugendlager auf der Insel Utöya das Ziel eines der Anschläge war.
In seinem Manifest hatte Breivik geschrieben, er habe die Fortschrittspartei verlassen, weil sie zu moderat sei und er nicht mehr daran glaube, das die Einwanderung von Muslimen auf demokratischem Wege gestoppt werden könne.
Ermittler untersuchen Breiviks Computer und Handy
Im Zuge der Ermittlungen untersuchte die norwegische Polizei nun auch Breiviks Computer und Mobiltelefon. Zwar gingen die Ermittler davon aus, dass es sich bei Breivik um einen Einzeltäter handele, dennoch werde in den Verbindungsdaten nach Hinweisen auf Kontakte zu weiteren Rechtsextremisten gesucht, sagte Polizeianwalt Paal-Fredrik Hjort Kraby am Montag.
Die norwegischen Ermittler hätten zudem mit der Mutter von Breivik gesprochen. Sie stehe unter Schock und habe bislang keinen Besuch bei ihrem Sohn beantragt. Auch andere Staaten würden Amtshilfe leisten. So werde Breiviks Schwester von den Behörden in Los Angeles vernommen, sagte Kraby der Nachrichtenagentur AP.
Laut einer am Montag in der Zeitung „VG“ veröffentlichten Umfrage hält ein Großteil der Norweger das höchstmögliche Strafmaß für Schwerverbrechen für zu gering. 65 Prozent der Befragen nannten die Strafen zu milde, 24 Prozent hielten sie für angemessen und zwei Prozent für zu hart.
Unterdessen besuchte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu am Montag die Trauerfeier für eines der Opfer des Anschlags auf Utöya. Hunderte Gäste versammelten sich auf einem Fußballfeld in Trondheim und gedachten des 17-jährige Mädchens mit türkischen Wurzeln. (afp/dapd)