Gigaset ist der einzige Telefonhersteller in Deutschland. Nach schwerer Krise ist das Werk in Bocholt, das mal zum Siemens-Konzern gehörte, nun gesichert – „langfristig“, sagt Geschäftsführer Martin Streb. Denn Gigasetz will auch in Zukunft in Deutschland Telefone herstellen.
Bocholt.
. Noch sind die Spuren aus der Siemens-Ära an vielen Stellen im Betrieb sichtbar. Der Name des Konzerns, der das Telefonwerk in Bocholt errichtet hat, prangt an Maschinen in der weitläufigen Fabrikhalle. Und er prägt den Internetauftritt des Unternehmens. Doch in knapp drei Monaten beginnt ein neues Kapitel für die Firma Gigaset. Noch bis Ende September dieses Jahres darf der Telefonhersteller die Marke Siemens nutzen. Danach muss der Name Gigaset für sich selbst stehen.
Gigaset ist das einzige Unternehmen, das in Deutschland in nennenswertem Umfang Telefone herstellt. Pro Jahr produziert die Firma bis zu 18 Millionen Telefone. Turbulente Zeiten liegen hinter der ehemaligen Siemens-Tochter. Es drohte ein ähnliches Desaster wie nach der Übernahme der Siemens-Handysparte durch den asiatischen Konzern BenQ. Glaubt man Peter Löw, sind derlei Sorgen Vergangenheit. Wenn der Investor, der im Aufsichtsrat von Gigaset die Strippen zieht, dieser Tage beschreibt, wie es um Gigaset steht, lehnt er sich lässig zurück und strahlt Zufriedenheit aus. „Gigaset ist wieder in sicherem Fahrwasser“, sagt Löw. „Die Sanierung ist abgeschlossen. Wachstum steht jetzt im Vordergrund.“
Kein weiterer Personalabbau geplant
Auch die Beschäftigten haben in den vergangenen Jahren die Probleme zu spüren bekommen. Einige hundert Jobs fielen der Krise zum Opfer. Derzeit zählt Gigaset rund 1600 Mitarbeiter, wovon sich 1200 in Bocholt und 150 am Firmensitz in München befinden. Zum Vergleich: Im Jahr 2008 hatte Gigaset noch etwa 2200 Beschäftigte.
Gigaset fertigt seine schnurlosen Telefone fast ausschließlich am NRW-Standort. Entsprechend heftig waren hier die Einschnitte. Unlängst handelte die Firmenleitung mit dem Betriebsrat einen Sozialplan aus, der betriebsbedingte Kündigungen für etwa 50 Beschäftigte in der Verwaltung und der Entwicklungsabteilung vorsah. „Die Einschnitte sind bereits erfolgt. Darüber hinaus ist kein weiterer Personalabbau geplant“, sagt Martin Streb, Gigaset-Geschäftsführer. „Der Standort Bocholt ist langfristig gesichert.“
Finanzinvestor sieht für Standort Bocholt beste Chancen
Die ehemalige Siemens-Tochter gehört mittlerweile vollständig der Münchner Gigaset AG, die aus der Beteiligungsfirma Arques entstanden ist. Peter Löw, der auch Miteigentümer der Nachrichtenagentur dapd und der Modekette Adler ist, hält knapp fünf Prozent der Gigaset-Anteile und ist damit größter Einzelaktionär. Mehr als 90 Prozent der Aktien befinden sich im Streubesitz.
Wenn Löw über die Perspektiven der ehemaligen Siemens-Tochter spricht, gerät er geradezu ins Schwärmen: „Wir sind in Europa Marktführer unter den Herstellern schnurloser Telefone – in Deutschland mit gigantischem Abstand. Und weltweit befinden wir uns unter den Top drei.“ Im Durchschnitt produziere Gigaset ein Telefon pro Sekunde. Nach Panasonic ist Gigaset der weltweit zweitgrößte Hersteller von schnurlosen Festnetztelefonen.
Nun gehe es darum, neue Kundenkreise und Märkte zu erschließen, sagt Löw. „Wir wollen auch durch Zukäufe wachsen.“ Löw sieht für Gigaset am Standort Deutschland beste Chancen im Wettbewerb. „Fabriken in asiatischen Billiglohnländern haben sich für einige deutsche Unternehmen als das falsche Modell erwiesen“, urteilt der Finanzinvestor.