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Gewinner des Oldtimer-Booms

Mittelstand profitiert vom Boom klassischer Autos

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Foto: Jakob Studnar, WAZ Foto-Pool
Der Familienbetrieb Buttkereit in Duisburg restauriert seit 1984 klassische Fahrzeuge, damals nebenbei an der Tankstelle, heute im Spezialbetrieb.

Duisburg. 

Kai Buttkereit schafft es dieses Jahr wahrscheinlich nicht zur 25. Techno Classica – keine Zeit. Denn noch im April soll sein Teile-Katalog mit 9000 Positionen für Besitzer klassischer Automobile endlich online gehen und im Internet stehen, das schlaucht.

Der Duisburger Restaurationsbetrieb der Buttkereit-Brüder Kai (52) und Peer (54) ist ein Musterbeispiel für den mittelständisch geprägten Oldtimer-Boom der letzten 25 Jahre.

Hobby zum Beruf gemacht

Bereits fünf Jahre vor der ersten Techno Classica startete das Geschäft mit dem alten Blech als Nebenerwerb an der alteingesessenen väterlichen Tankstelle. Peer Buttkereit restaurierte einen eigenen roten Buckel-Volvo zwischen den Zapfsäulen und Waschhalle, da fragte ein tankender Arzt an: Können Sie mir auch einen alten Volvo Amazon wieder aufbauen?

Man konnte und wollte. Bald war die Aral-Tankstelle im Stadtteil Homberg unter Volvo-Liebhabern der ersten Stunde eine bekannte Adresse. 1985 fuhren die Brüder erstmals zum Einkauf günstiger Buckel und Amazon nach Schweden. Und das 1955 begonnene Tankgeschäft in Homberg wurde 1989 aufgegeben und ein Ersatzteilvertrieb übernommen. Das Hobby war für die beiden Akademiker zum Beruf geworden, Kai im Büro, Peer in der Werkstatt. Ein Wagnis mit nicht gewissem Ausgang.

Damals ging es darum, schwedische Liebhaberautos der eher studentisch geprägten Kundschaft kostengünstig am Rollen zu halten – Volvo heißt schließlich übersetzt „Ich rolle“. Heute sind bei Buttkereit 50 000 Euro für Komplettrestaurierungen, bei denen das Fahrzeug bis zur letzten Schraube auseinandergenommen wird, keine Seltenheit.

Mittlerweile vier feste Angestellte

1997 konnten die Buttkereits eine aufgegebene Citroen-Vertretung in Duisburg mit 600 Quadratmeter großer Halle übernehmen und expandieren. Vier Festangestellte und eine Aushilfe schrauben und schleifen längst nicht mehr an Schwedenstahl herum, sondern auch an vielen anderen Fabrikaten. Mit dem Motorbau hat sich Peer Buttkereit einen Namen gemacht. Einige Kunden kommen seit über 25 Jahren, und manch ehemaliger Bettelstudent hat als einkommensstarker Doktor auf einen anderen Autotyp umgesattelt, ohne die Werkstatt wechseln zu wollen.

Oldtimer-Wartung ist Vertrauenssache, und dieses wird wie vor 25 Jahren über Mundpropaganda weitergetragen. Deshalb ist die Branche nur schätzungsweise in Zahlen zu fassen, sechs Milliarden Euro Umsatz sollen es in Deutschland jährlich sein, vielmehr als in der Tuningbranche.

So viel ist sicher: Mehr als 420 000 über 30 Jahre alte Auto zählt das Kraftfahrtbundesamt in Deutschland, und allein in einer Stadt wie Essen fahren 2000 davon mit einem H-Kennzeichen für „Historisches Fahrzeug“ auf dem Nummernschild. Und die wollen alle gehegt und gepflegt werden.

Im Durchschnitt werden 1400 Euro pro Jahr investiert

Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes investiert der durchschnittliche Klassiker-Fahrer, selbst fast immer männlich und meist ein „Oldtimer“, jährlich 1400 Euro in den Erhalt seines Lieblings. Längst haben die großen Auto-Hersteller, allen voran Mercedes, den „Oldtimer“ als zahlungskräftigen Kunden entdeckt, der oft auch einen teuren Neuwagen fährt.

Zudem ist der Klassiker-Halter eine treue Seele, der häufig ein Autofahrerleben lang an seinem „Goldie“ festhält, späteres Vererben nicht ausgeschlossen. Den roten Buckel von Peer Buttkereit gibt es auch noch. Sein Sohn ist jetzt alt genug für ihn.