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Acht Jahre Angst: Darum wurde das Vergewaltiger-Phantom von der Uni Bochum nie gefasst

Acht Jahre Angst: Darum wurde das Vergewaltiger-Phantom von der Uni Bochum nie gefasst

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Fußweg an der Universitätsstraße, unweit der Haltestelle Markstraße. Foto: Marie Todeskino
  • In den späten 90ern und frühen 00er Jahren trieb ein „Vergewaltiger-Phantom“ im Ruhrgebiet sein Unwesen
  • 21 Fälle schreibt die Polizei dem Täter zu. Die Opfer: junge Frauen
  • Er erniedrigte und schikanierte seine Opfer auf besonders perfide Weise
  • Der Mann wurde nie gefasst

Bochum. 

Ein einsamer Weg, gesäumt von Sträuchern. Schwaches, gelbes Laternenlicht – es ist schon spät. Plötzlich ein Knacken im Gebüsch. Jemand steht hinter dir. Mit einem Messer. Und dann zwingt er dich in die Dunkelheit.

21 Mal ist dieser Alptraum jungen Frauen, seit 1994 in Sprockhövel, später an der Uni Bochum, passiert. Immer derselbe Täter, glaubt die Polizei. Gefasst wurde der Serien-Vergewaltiger nie.

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2002 hörte er auf. Warum, weiß niemand. Aber die Angst vor dem „Uni-Phantom“, wie er damals genannt wurde, blieb für viele Jahre.

2016 ist es wieder passiert. Wieder wurden zwei junge Frauen an der Uni Bochum vergewaltigt, wieder im Bereich der U35 und der Universitätsstraße ().

„Erst wussten wir nicht: War er es? Man sucht Parallelen. Es stellte sich dann aber schnell heraus, dass es nicht der gleiche Täter ist“, sagt Ralf Brüggemann (54) von der Polizei Bochum. Er hat den Phantom-Vergewaltiger 16 Jahre lang verfolgt, leitete zeitweise die Ermittlungskommission „Messer“. Es ist der Fall seines Lebens. Der Fall, den er unbedingt aufklären will.

Brüggemann kennt die Tatorte an der Uni gut – die schwer einsehbaren Wege zwischen U35-Haltestellen, Studentenwohnheimen und direkt angrenzenden Grünflächen. Hier war das Revier des Vergewaltigers. Hier suchte er sich nachts seine Opfer: Studentinnen auf dem Weg ins Wohnheim.

Die Jagd

„Man muss sich das vorstellen wie eine Jagd“, sagt Brüggemann. Wahrscheinlich spähte der Täter die Frauen schon an den hell erleuchteten U-Bahnstationen Universität oder Markstraße aus. Jung und schlank mussten sie sein – und allein unterwegs.

„Und dann kam der Jagd-Instinkt in ihm zum Vorschein.“ Er nahm die Verfolgung auf. Erst wenn er sich ganz sicher war, dass es keine Zeugen gab, trat der Jäger aus dem Dunkel.

„Erniedrigung, Schikanierung, Bestrafung.“

Was folgte, war Psychoterror. Er jagte den Frauen Todesangst ein, redete auf sie ein: Keine Polizei, sonst finde ich dich.

Einige Opfer vergewaltigte er, bei allen ging es ihm um sexuelle Gewalt: „Erniedrigung, Schikanierung, Bestrafung“, sagt Brüggemann. 15 bis 20 Minuten waren die Opfer in der Gewalt des brutalen Perversen. Nach der Tat flüchtete er in die Dunkelheit.

Angst vor dem Täter, Angst vor einer Anzeige

Die Schikane hatte schlimme Folgen. Brüggemann sagt leise: „Er hat dafür gesorgt, dass diese Frauen derartig in Angst versetzt wurden, dass sie sich wirklich nur unter großer Überwindung mit der Polizei in Verbindung setzen konnten.“ Bis heute geht die Kripo von einer hohen Dunkelziffer an Opfern aus.

Die Tat zerschnitt das Leben der Frauen in zwei Teile. Psychologiestudentin, Pfarrerstochter, Erasmus-Studentin – das war vorher. Opfer, Trauma, Angst – das war das Danach.

Manchen gelang es, das Erlebte zu verarbeiten oder zu verdrängen. Sie konnten später wieder Beziehungen führen, bekamen sogar Kinder, sagt Brüggemann. „Und es gab Frauen, die in keiner Weise mehr beziehungsfähig waren gegenüber Männern.“ Zu erschüttert waren sie durch das, was der Mann ihnen angetan hatte. Zwei von ihnen sind mittlerweile tot, erzählt Brüggemann. Die Umstände sind unklar.

Die Ermittlungen

Das Gefühl, sicher zu sein, blieb den Opfern verwehrt – denn das Phantom wurde nie geschnappt. Warum?

Eines ist Ralf Brüggemann wichtig: „Wir haben wirklich alles getan, um ihn zu fassen.“ Zeitweise waren nachts 150 Beamte an der Uni im Einsatz. Die Kripo schickte Frauen als Lockvögel los, postierte Polizisten hinter Bäumen und verbaute Sensor-Technik von der Bundeswehr. Ermittler von Scotland Yard wurden eingesetzt.

10.000 Männer mussten sich Massen-Gentests unterziehen. Denn seine DNA hatte der Täter ganz bewusst zurückgelassen, da ist sich Brüggemann sicher. Doch wieder: negativ, keine DNA-Übereinstimmung. Der Jäger schlüpfte durch alle Maschen.

2002 beging er seine letzte Tat. Dann war Schluss. Der Grund ist bis heute das große Rätsel der Ermittlungen. Vielleicht ist er krank oder tot.

Die andere Möglichkeit: Er lebt noch mitten unter uns. Fährt morgens zur Arbeit, trinkt Kaffee und guckt abends Fußball. Es könnte jeder sein.