Vier Beamte verletzen Häftling in JVA Bochum – dann merken sie, dass sie in der falschen Zelle sind
Anklage gegen vier JVA-Beamte wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung im Amt
Einer der Verteidiger spricht von einem Irrtum
Geschädigte Häftlinge erscheinen nicht vor Gericht
Bochum.
Normalerweise bringen sie verurteilte Verbrecher in der JVA Bochum hinter Schloss und Riegel. Doch heute sitzen sie selbst auf der Anklagebank. Vier Justizvollzugsbeamte mussten sich am Dienstag vor dem Bochumer Amtsgericht verantworten.
Ihnen wird vorgeworfen, am 28. September 2016 einen Häftling ohne Vorwarnung angegriffen zu haben. Sie sollen die Zelle geöffnet, den JVA-Insassen zu Boden gezogen und ihn dabei verletzt haben. Dabei soll der Geschädigte mit dem Kopf auf den Boden geknallt sein.
JVA-Beamte bemerken Fehler zu spät
Anschließend fiel den Beamten auf, dass sie in der falschen Zelle waren. Erst danach gingen sie in die richtige Zelle des Häftlings, der am Morgen des selben Tages eine Beamtin in der Haftanstalt angegriffen hatte.
Als sogenanntes Deeskalationsteam sollten die vier Ankeklagten den gefährlichen Mann wegen des Angriffs in die Sicherheitsverwahrung bringen.
Doch warum war das Team in der falschen Zelle? Und haben die Beamten bei beiden Männern übertriebene Gewalt angewandt?
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Zeugen erscheinen nicht vor Gericht
Diese Fragen konnten bei der Hauptverhandlung am Dienstag vor dem Bochumer Amtsgericht nicht geklärt werden.
Denn keiner der beiden Geschädigten erschien zum Termin. Der nach dem Vorfall leicht verletzte Hauptgeschädigte meldete sich am Morgen überraschend krank.
Der Häftling, dem die Maßnahme eigentlich gelten sollte, ist in der Zwischenzeit aus der Haft entlassen und konnte an seiner angegeben Adresse in Köln nicht aufgefunden werden.
Verteidiger lehnen Bußgeld ab
Nach kurzer Beratung mit dem Staatsanwalt und den vier Verteidigern wurde die Verhandlung vorerst ausgesetzt. Ohne Zeugenaussagen kam es nicht einmal zur Verlesung der Anklageschrift.
Eine Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung eines Bußgeld lehnten die Verteidiger ab.
Anwalt bestreitet Vorwurf der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwalt Michael Emde erklärt warum: „Von gefährlicher Körperverletzung kann keine Rede sein. Unsere Mandanten waren mit Schutzanzüge bekleidet, mit denen eine dosierte Gewaltanwendung auf acht Quadratmetern Haftraum kaum möglich ist.“
Nach Angaben des Anwalts hätten die jungen Beamten vor der schiefgelaufenen Maßnahme erst eine Stunde mit den Schutzanzügen trainiert. „Dabei hat sich einer von ihnen den Fuß gebrochen“, berichtet Emde.
Wer die vier Angeklagten in die falsche Zelle geleitet habe, dazu wollte sich der Verteidiger auf Nachfrage von DER WESTEN nicht äußern. Der Irrtum liege jedenfalls nicht in ihrer Verantwortung. Die Frage der Schuld muss jetzt beim nächsten Verhandlungstermin geklärt werden.