Die Chefärztin der Duisburger Herzklinik, Prof. Sabine Däbritz, muss sich in Münster zusammen mit ihrem Lebensgefährten vor Gericht verantworten. Die beiden sollen eine Rufmord-Kampagne gegen die Münsteraner Uniklinik inszeniert haben.
Duisburg/Münster.
Sie ist die Chefärztin der Duisburger Herzklinik, und als sie diesen Job bekam, im Oktober 2008, wusste man dort durchaus, wen man sich ins Haus holte. Seit gestern nun steht die 51-jährige Prof. Sabine Däbritz in Münster vor Gericht. Vorgeworfen wird ihr eine Rufmord-Kampagne gegen die Universitätsklinik Münster. Sie und ihr Lebensgefährte Wolfgang S. hätten in mehr als einem Dutzend anonymer Briefe die Klinik diffamiert, deren Ärzte für den Tod von zwölf Patienten verantwortlich gemacht.
Es ist, rein optisch, ein ungleiches Paar, das da an diesem Morgen auf der Anklagebank des Saales A 10 des Münsteraner Landgerichts sitzt. Er, in erster Reihe, trägt einen dunklen Anzug zu dezent gebräuntem Teint, das silbergraue Haar modisch seitengescheitelt. Sie, direkt hinter ihm, wirkt dagegen etwas farblos. Schwarzer Blazer, weißer Rolli, das Gesicht ungeschminkt. An ihrer Seite jedoch, alles andere als blass, der Düsseldorfer Sven Thomas, einer der Top-Anwälte Deutschlands. Er verteidigte einst Ex-Mannesmann-Chef Esser und vertrat kürzlich Formel-1-Boss Bernie Ecclestone juristisch.
Nötigung, falsche Verdächtigungen, Geheimnisverrat
13 Verhandlungstage, bis in den Februar hinein, sind für diesen Prozess anberaumt, in dem Däbritz und ihrem Lebenspartner Nötigung, Verstöße gegen den Datenschutz , falsche Verdächtigungen und Geheimnisverrat vorgeworfen werden. Aus Frust darüber, dass sie nicht früher als geplant die Nachfolge ihres Chefs, Prof. Hans H. Scheld, als Leiter der Herzchirurgie der Münsteraner Uniklinik antreten konnte, habe sie anonyme Briefe an die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm und Angehörige verstorbener Patienten geschickt.
Die in Helsinki geborene Deutsche Däbritz begann im Sommer 2007 als Chefärztin für die Uniklinik Münster zu arbeiten. Teil ihres Vertrages war die Zusicherung, dass sie im September 2011 dort ärztliche Direktorin würde. Laut Anklage geriet sie jedoch bald mit ihrem Chef, Prof. Scheld, aneinander, sprach ihm eine „moderne Klinikführung“ ab. Der Zwist zwischen den beiden sorgte für gehörige Unruhe, so dass Däbritz bald ihre Kündigung erhielt.
Als Rache soll sie der Rektorin der Klinik eine Liste mit Mängeln in der Patientenversorgung geschickt, sich selbst mit den Details von Todesfällen befasst und ihre Sekretärin mit Recherche beauftragt haben. In den Briefen, die sie und ihr Lebensgefährte geschrieben haben sollen, ist von Patienten die Rede, die man „vorsätzlich verbluten ließ“ und von „vorsätzlicher Tötung“. Maßnahmen werden als „völlig unsinnig“ bezeichnet, Operateure als „unfähig“ und „ignorant“. In einem Schreiben an die Generalstaatsanwaltschaft Hamm im Juli 2008 sollen sie die Daten von 14 nach Herz-Operationen verstorbenen Patienten genannt und massive Vorwürfe gegen die ärztliche Versorgung in der Uniklinik erhoben haben.
Hausdurchsuchung
All das beunruhigt schließlich das NRW-Wissenschaftsministerium, das unter der Leitung des Duisburger Herzspezialisten Prof. Arno Krian eine Experten-Kommission einsetzt, die der Uniklinik am Ende „ordnungsgemäße, dem internationalen Standard entsprechende Arbeit“ attestiert.
Inzwischen ist jedoch die Staatsanwaltschaft aktiv geworden, entdeckt bei einer Hausdurchsuchung bei Däbritz und ihrem Lebensgefährten belastendes Material. Wolfgang S. gesteht, behauptet jedoch, Däbritz habe von den anonymen Schreiben nichts gewusst. So die Fakten. Der Versuch der Uniklinik, die beiden auf Schadensersatz zu verklagen, wurde vom Landesarbeitsgericht Hamm vor kurzem abgelehnt.
Vor Gericht schweigen am Montag beide. Verteidiger Sven Thomas jedoch zeigt mit einem Befangenheitsantrag gegen einen medizinischen Gutachter („Er spannt einen Schutzschirm über die Operateure“), wo für ihn ein Schwerpunkt des Verfahrens liegt: War die Kritik an der Uniklinik vielleicht doch berechtigt?
Däbritz Lebensgefährte Wolfgang S. hat sich da längst seinen Panama-Hut aufgesetzt, der ihm etwas Dandyhaftes verleiht. Und Däbritz selbst weiß sich zumindest des Rückhalts in der Duisburger Herzklinik sicher. Schließlich trat sie ausgerechnet die Nachfolge von Prof. Krian an, jenes Mannes, der mit seiner Kommission die Uniklinik Münster überprüfte.