- Die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung beträgt 1:400.000.000
- In der FLDS-Sekte tritt sie allerdings gehäuft auf
- Die Ursache liegt darin, dass die meisten Mitglieder miteinander verwandt sind
Colorado City.
In Colodaro City und der Nachbarstadt Hilldale in Utah häuft sich eine seltene Behinderung, die auf einen Mangel des Fumarase-Enzyms zurückzuführen ist. Normalerweise tritt die genetische Erkrankung nur in einem von 400 Millionen Fällen auf.
Doch Neugeborene von Mitgliedern einer polygamen Abzweigung der Mormonen, die sich „Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (kurz: FLDS) nennt, sind laut „Mail Online“ ungleich häufiger betroffen.
Die beiden Kleinstädte sind Hochburgen der Sekte, die durch Kindesmissbrauch und Inzest in die Schlagzeilen geriet (wir berichteten). Die Ursache für die Behinderung liegt in den inzestuösen Verwandtschaftsverhältnissen: Da ein rezessives Gen für die Erkrankung verantwortlich ist, müssen es beide Elternteile in sich tragen, um es auf das Kind weiterzugeben.
Teile vom Gehirn nicht vorhanden
Kinder, die unter der Erkrankung leiden, weisen körperliche und mentale Einschränkungen auf. Sie können häufig nicht eigenständig sitzen und stehen. Zudem bewegt sich ihr durchschnittlicher Intelligenzquotient im Bereich von 25. Wichtige Hirnareale fehlen.
Dem auf seltene Kinderkrankheiten spezialisierten amerikanischen Arzt Dr. Theodore Tarby fiel die Erkrankung in der Region erstmals 1990 auf. Zu dem Zeitpunkt ging er davon aus, dass es weltweit nur 13 Fälle der Erkrankung gäbe. Doch allein in der Sekte stieß er auf acht Erkrankungen.
Alle Kinder wiesen ähnliche Symptome auf, zu denen auch ungewöhnliche Gesichtsproportionen wie eine große Stirn, weit auseinanderstehende Augen, niedrig sitzende Ohren und ein kleiner Kiefer zählen.
Sekte glaubt nicht an Inzest als Krankheitsursache
Die polygame Sekte wurde in der Region 1930 von zwei Männern gegründet, nachdem die mormonische Hauptkirche Polygamie 1904 offiziell verboten hatte. Seitdem lebt die FLDS isoliert. Neuankömmlinge sind nicht willkommen, weshalb junge Männer oft verbannt werden – dadurch stehen den verbliebenen Männern mehr Frauen für Mehrehen zur Verfügung. 75 bis 80 Prozent der Mitglieder sind laut „Mail Online“ blutsverwandt mit einem der beiden Gründer.
————
Mehr zum Thema:
Autorin erhebt Missbrauchsvorwürfe gegen Mormonenkirche
„Gott hat keinen Plan für dich“
Polizei holt Kinder aus umstrittener Glaubensgemeinschaft
———–
Dementsprechend ist der Genpool innerhalb der Gemeinschaft sehr klein, was vermehrt zu Behinderungen von Neugeborenen führt. Tarby gab 2008 gegenüber dem „Time Magazine“ an, dass die Mitglieder Inzest als Krankheitsgrund aber nicht in Betracht zögen. Sie seien davon überzeugt, dass eine Verunreinigung der Luft oder des Wassers für die Erkrankungen ihrer Kinder verantwortlich ist. (raer)