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AfD probt in Ostdeutschland die Machtausübung – „Da sollte nun wirklich niemand neutral sein“

Warum punktet die AfD besonders im Osten der Bundesrepublik? Experten beleuchten die Strategie hinter der Rhetorik der Partei.

Mit gezielten Provokationen und der Schaffung von Feindbildern beeinflusst die AfD den politischen Diskurs im Osten Deutschlands. Warum punktet die AfD besonders im Osten der Bundesrepublik?
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Kurz erklärt: Wie der Verfassungsschutz die AfD-Landesverbände einstuft

Vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster wird verhandelt, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD als Gesamtpartei weiterhin als rechtsextremistischen Verdachtsfall führen darf. Für zahlreiche Landesverbände gilt das bereits. Zudem gelten drei AfD-Landesverbände als gesichert rechtsextrem.

Die AfD liegt in den Umfragen weit vorne. Besonders im Osten der Bundesrepublik erreicht die Partei höhere Zahlen als alle anderen Parteien. Doch warum sind Björn Höcke und seine Parteifreunde besonders im Osten so erfolgreich?

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Mit dieser Frage beschäftigen sich David Begrich und Maica Vierkant in ihrem Beitrag im Anfang Juni erschienenen Buch „Rechtsextrem – das neue Normal?“. Unserer Redaktion erklären sie, warum die AfD im Osten punktet.

AfD: Provokationen und Tabubrüche

Zur Entwicklung der Alternative für Deutschland in Ostdeutschland schreiben die Experten, die sich beide beruflich gegen Rechtsextremismus einsetzen, in ihrem Sammelbandbeitrag: „Auf Provokationen folgen offene Tabubrüche der politischen Kultur des Parlaments und der öffentlichen Debatte.“ Unsere Redaktion will wissen, was das für Tabubrüche sind.

„Am stärksten mediale Beachtung gefunden haben vermutlich die Aussagen von Alexander Gauland zur Wehrmacht und zum ,Vogelschiss‘ und jene von Björn Höcke über das ,Denkmal der Schande‘. Daneben gibt es aber zahllose weitere Beispiele auf allen Partei-Ebenen der AfD. Es ist eine Strategie der politischen Kommunikation: Provokationen dienen der Erweiterung des Sagbaren im öffentlichen Diskurs, und der daraus resultierende Tabubruch führt zu einer Normalisierung extrem rechter Positionen. Stete Wiederholung schafft Gewöhnung.“

Vierkant und Begrich sehen einen entscheidenden Punkt für den Erfolg der AfD in ihrer Rhetorik. Doch wie kommt es, dass die Menschen nicht von genau dieser Ausdrucksweise abgeschreckt sind?

„Man muss der Tatsache ins Auge sehen: Die meisten Menschen wählen diese Partei eben nicht aus Protest. Studien zeigen, dass rechtsextreme Einstellungen in großen Teilen der Bevölkerung manifest vorhanden sind. Wir sehen das in Ostdeutschland sehr deutlich: Die Menschen wissen, dass sie eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei wählen – und entweder sie wählen diese Partei genau deswegen oder aber es hat für ihre Entscheidung keine Relevanz. Selbstverständlich ist es auch weiterhin wichtig, über rechtsextreme Positionen aufzuklären. Aber wir sollten uns nicht einbilden, dass man die AfD einfach nur „entzaubern“ müsse, damit Menschen erkennen, was sie da wählen.“

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Feindbild: Linksextremismus

In ihrem Beitrag „Testgelände Ost: Wie die AfD in Ostdeutschland die Machtausübung probt“ beschreiben die Autoren ein Vorgehen der Partei, die sich durch Anfragen Informationen über die Arbeit von Initiativen gegen Rassismus und für Demokratie beschafft. Diese Informationen nutze die AfD dann, um Feindbilder zu kreieren und vor allem die demokratische Zivilgesellschaft zu diskreditieren, so die Autoren.

„Das gelingt ihr – wenn überhaupt – nur stellenweise, und zwar vor allem in den Bereichen des Klimaaktivismus und der Gendergerechtigkeit. Hier greift die AfD tatsächlich zum Teil erfolgreich Stimmungen auf. In anderen Bereichen ist dieses Bemühen deutlich weniger erfolgreich. Was jedoch durchaus spürbar ist: Es gibt eine gewisse Angst davor, sich angreifbar zu machen. Das Bestreben, sich komplett in alle Richtungen abzusichern, damit man der AfD keine Angriffsfläche bietet, verzögert zuweilen Abläufe sehr stark.“


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Auch zu dem Argument, dass man der AfD in einer demokratischen Parteienlandschaft neutral gegenüber stehen müsse, erklären die Experten:

„Immer wieder dreht sich da die Diskussion auch um das sogenannte Neutralitätsgebot, über das es wahnsinnig viele Missverständnisse gibt. Es wird zum Teil sogar gedacht, damit sei eine Wertneutralität gemeint. Das stimmt selbstverständlich überhaupt nicht, schließlich geht es bei dem Eintreten für unsere Demokratie immer um Werte wie Menschenwürde, Gerechtigkeit und Zusammenhalt. Da sollte nun wirklich niemand ,neutral‘ sein. Auch wenn die Vorsicht mancher Akteure durchaus nachvollziehbar ist, bremst sie Menschen in ihrem Engagement leider auch stark aus.“

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