Der städtische Gesellschafter der Entsorgungsbetriebe Essen, Klaus Kunze, gerät immer stärker unter Druck. Vermeintlich überhöhte Tantieme für Betriebsräte im Aufsichtsrat und ein gut dotierter Beratervertrag mit einem SPD-Ratsherrn bringen ihn ins Zwielicht.
Essen.
Aus dem Kalten Krieg bei den Entsorgungsbetrieben Essen (EBE) wird zunehmend ein heißer, hieß es schon vor Wochen aus Kreisen der Politik über das Verhältnis der Stadt Essen und Remondis. Um im Bild zu bleiben: Bei der Wahl der Waffen ist der private Mitgesellschafter alles andere als zimperlich.
Wie berichtet hat Remondis den langjährigen städtischen Gesellschafter der Entsorgungsbetriebe, Klaus Kunze, ins Visier genommen. Dem Vernehmen nach haben von Remondis beauftragte Wirtschaftsprüfer und Juristen die EBE-Bücher auf der Suche nach Ungereimtheiten von links auf rechts gedreht. Offenbar ist das Lünener Müllunternehmen der festen Überzeugung, fündig geworden zu sein. Anstoß nimmt Remondis nach WAZ-Informationen dabei besonders an einem Beratervertrag der EBE für den SPD-Ratsherrn Harald Hoppensack und an Zahlungen in fünfstelliger Höhe pro Jahr an drei freigestellte Betriebsräte, die im Aufsichtsrat der Entsorgungsbetriebe sitzen.
Schlammschlacht oder handfester Skandal? Unausgesprochen steht der ungeheuerliche Verdacht im Raum, die EBE – namentlich ihr städtischer Geschäftsführer – habe ein ihm politisch nahestehendes Mitglied des Stadtrates mit einem hoch dotierten Vertrag versorgt und Aufsichtsratsmitglieder durch überhöhte Tantiemen wohlgestimmt wenn nicht gar gekauft.
EBE-Geschäftsführer Klaus Kunze war dazu nicht zu sprechen. SPD-Ratsherr Harald Hoppensack bestätigte im Gespräch mit der Redaktion, dass er für die EBE als Berater für IT-Anwendungen tätig sei. Der Vertrag sei Ende 2011 nach dem Ausscheiden einer Prokuristin bei der EBE „ordentlich zustande gekommen“, seine Tätigkeit habe er der Stadt gemeldet. Dass er aber, wie zu vernehmen, von der EBE 210 000 Euro pro Jahr erhalten soll, sei nicht korrekt. „Die Summe stimmt nicht.“ Mehr will der langjährige Ratsherr dazu nicht sagen. Nur soviel: Der Bezahlung stehe eine Gegenleistung gegenüber.
Angemessene Bezahlung?
Ob drei Betriebsräte als Aufsichtsräte tatsächlich mehr Geld erhalten als ihnen zustünde gemessen an ihrer Tätigkeit, die sie bis zur ihrer Freistellung ausgeübt haben – die Antwort auf diese Frage bleibt vorerst offen. Insgesamt 60 000 Euro pro Jahr sollen sie erhalten haben.
Warum die Vorwürfe ausgerechnet jetzt auf den Tisch kommen? Auch darüber wird spekuliert. Dem Vernehmen nach strebt der private Mitgesellschafter nach mehr Einfluss bei der EBE. Dass EBE-Chef Kunze mindestens zwei von Remondis gestellte Co-Geschäftsführer weggebissen hat, haben die Lünener offenbar nicht vergessen.