Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte billigt Bernhard Schüth 40.000 Euro Schadensersatz zu. Nachdem er sich von seiner Frau trennte und von seiner neuen Partnerin ein Kind erwartete, hatte ihn die katholische Kirche entlassen.
Straßburg / Essen.
Weil er in einer außerehelichen Beziehung lebte, aus der ein Kind hervorging, verlor Bernhard Schüth seinen Job als Organist und Chorleiter in der katholische Gemeinde St. Lambertus in Rellinghausen. Das ist nunmehr 15 Jahre her. Gestern billigte ihm der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg Schadensersatz in Höhe von 40.000 Euro zu, zu zahlen seitens der Bundesrepublik Deutschland, die er verklagt hatte. „Für den entstandenen immateriellen, moralischen Schaden“, wie Schüth im Gespräch mit der NRZ betont. Gefordert hatte er deutlich mehr: Gehaltsausfälle und verlorene Rentenansprüche von über 644.000 Euro und 34.000 Euro für den moralischen Schaden. Die vom EGMR getroffene Entscheidung sei für ihn unverständlich „Sie ist inakzeptabel. Damit gebe ich mich nicht zufrieden.“ Was der Richterspruch für ähnliche Fälle bedeuten könne, wollte das Bistum Essen gestern nicht kommentieren. Bernhard Schüth habe hingegen vor, weitere rechtliche Schritte prüfen.
Vor dem Düsseldorfer Landesarbeitsgericht zog er vergangenes Jahr den Kürzeren: Dort wurde sein Kündigungsschutzverfahren nicht wieder aufgenommen, weil zwei wichtige Fristen überschritten waren. Es komme nun auf die Revision an. Aufgrund geänderter gesetzlicher Rahmenbedingungen sehe Schüth „gute Chancen, vor dem Bundesarbeitsgericht zu gewinnen“. Über seine Restitutionsklage, eine Wiederaufnahmeklage, würden die Richter Ende November in Erfurt verhandeln.
Sollte das Urteil nicht in seinem Sinne ausfallen, überlege er, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen – zusammen mit seiner Rüttenscheider Rechtsanwältin Ulrike Muhr, die Frau, deretwegen er vor 15 Jahren den Job an der „Flentrop“-Orgel verlor. „So schnell gebe ich nicht klein bei, nicht, so lange es rechtliche Lücken gibt. Und da sehe ich noch viele“, sagt Schüth, der heute halbtags für eine evangelischen Gemeinde arbeitet. Eine Vollzeitstelle bekommt er nicht, da er nicht evangelisch ist.