Gelsenkirchen.
Ein Papier, das die Ratsfraktion Pro NRW als Postwurfsendung an Teile der Gelsenkirchener Haushalte verteilt hatte, erlebte am Donnerstag im Rat ein Nachspiel, als es um die Nebeneinkünfte des Oberbürgermeisters für das Jahr 2011 (insgesamt 43 067,72 €) ging. Aus einer eher unspektakulären Mitteilung der Verwaltung wurde ein ordentlicher Tagesordnungspunkt, weil für viele Stadtverordnete das Maß voll war.
Das Papier, überschrieben mit: „Das kassieren SPD, CDU und Co. in Gelsenkirchen! . . . und was die WAZ nicht schrieb“, ist eine Antwort der Fraktion Pro NRW auf einen WAZ-Artikel vom 14. Januar 2012. Seinerzeit hatte die Redaktion, wie der WDR am gleichen Tag in seinem Magazin Westpol, über die Abrechnungspraktiken der Pro-Partei hinsichtlich ihrer neun Sachkundigen Bürger berichtet. Pro NRW Gelsenkirchen hatte für das Jahr 2011 insgesamt 542 Sitzungen abgerechnet und kam so auf einen Betrag von über 16 300 Euro. Eine Folge dieser Praxis war die Änderung der Hauptsatzung der Stadt Gelsenkirchen. Statt für 125 Sitzungen kann für Sachkundige Bürger jetzt nur noch für 35 Sitzungen pro Jahr Geld beansprucht werden – was für alle Parteien gleichermaßen gilt.
Zur Postwurfsendung
Zurück zur Postwurfsendung. Auf ihr gibt es unter anderem ein farbig umrahmtes Kästchen, in dem wörtlich dies zu lesen steht: „Einnahmen aus Nebentätigkeiten im Kalenderjahr 2010 des OB Baranowski: 42.586,52 €.“
Der Hinweis, kritisierte SPD-Fraktionschef Dr. Klaus Haertel empört, erwecke in dieser Form der Darstellung den Eindruck, als würde der Oberbürgermeister das gesamte Geld behalten. Das werde von Pro NRW bewusst so versucht, indem weitere und entscheidende Fakten weggelassen würden. Haertel: „Fakt aber ist, dass alle Nebeneinkünfte des Oberbürgermeisters oberhalb von 6000 Euro an die Stadtverwaltung abgeführt werden.“
Kevin Hauer, Pro NRW, entgegnete, dass man dem Oberbürgermeister kein Fehlverhalten unterstellen wollte, dass man im Sinne des Transparenzgesetzes aber auch noch wissen wolle, wie viel der OB für welches Amt bekommen würde.
Die Grünen übergaben die Postwurfsendungen ihren Anwälten
Haertel reagierte mit dem Hinweis, dass Hauer als Vorsitzender einer kleinen Fraktion genau so viel Geld bekäme wie er als Vorsitzender der viel, viel größeren SPD-Fraktion. Und: „Die Pro-Kopf-Aufwendungen sind für Pro NRW höher als die für die SPD. Und zum Thema Fraktionsbedürfnisse: Pro NRW hat damals zugestimmt, als das beschlossen wurde.“
Peter Tertocha stellte für die Grünen fest, dass man die Postwurfsendung zur Bewertung den Anwälten übergeben habe. Den Grünen waren dort insgesamt 20 500,32 Euro Verdienstausfall und Hausfrauenentschädigung für die letzten Jahre zugeordnet worden und der FDP 7369,29 Euro. Tatsächlich erhielten aber die Liberalen die 20 500,32 Euro und die Grünen lediglich 7369,29 Euro.
Werner Wöll, CDU, stellte in Richtung Pro NRW fest: „Manchmal ist es besser, wenn man nichts sagt. Sie wollten den Eindruck erwecken, dass der OB über höhere Mittel verfügt.“ Und mit Blick auf die Aufwandsentschädigung fügte Wöll an: „Sie nehmen die absoluten Zahlen und vergessen dabei die Größen der Fraktionen zu nennen.“
Im Kontext dieser Diskussion teilte Oberbürgermeister Frank Baranowski dem Rat in öffentlicher Sitzung mit, dass Pro NRW fast einen sechsstelligen Betrag erhalten habe.