Beim traditionellen Neujahrsempfang der Stadt Gelsenkirchen tummelten sich Freitagabend über 800 geladene Gäste. Der Vorsitzende der RAG-Stiftung, Dr. Werner Müller, lobte als Gastredner den Einsatz der Stadt für das Musiktheater trotz finanziell schwieriger Zeiten.
Gelsenkirchen.
Dreimaliges Händeschütteln mit mindestens 800 Gästen, das braucht Zeit. Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD), Bürgermeisterin Gabriele Preuß (SPD) und Bürgermeister Klaus Hermandung (CDU) nahmen sie sich am Freitagabend wieder, um beim Neujahrsempfang der Stadt jeden Einzelnen persönlich willkommen zu heißen – im Musiktheater im Revier (MiR).
Und nicht im Hans-Sachs-Haus, wie zu vermuten. Nach langer Suche und viel Ausprobieren habe die Stadt mit dem MiR ein Format gefunden, „das für uns das denkbare Optimum ist“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann.
Musik und Kabarettistisches umrahmen Redebeiträge
Canapés, Edeltröpfchen mit und ohne sprudelndem Element, Hefekaltschale und Wässerchen wurden zum Smalltalk vor dem offiziellen Programm gereicht, ein üppiges Buffet danach. Und mittendrin, im „schönsten Opernhaus mindestens des Reviers, in unserem MiR“ (O-Ton Baranowski) ein Programm mit einer Vorschau auf die musikalischen Genüsse made by MiR 2014, mit bilanzierenden und zuweilen fast liebevollen Worten des OB über die Stadt, mit Denkanstößen aus dem Munde des Gastredners Dr. Werner Müller und einem augenzwinkernden Blick des Kabarettisten Kai Magnus Sting auf die Welt – „Hömma, weiß Bescheid!“
Erwerbslosen chancen und Perspektiven bieten
Frank Baranowski malte mit Worten das Bild einer Stadt, die eine fast unglaubliche Wandlung hinter sich habe und sich immer noch in einer spannenden Entwicklung befinde. „Die sich neu erfunden hat und weiter neu erfindet.“ Einer Stadt mit wichtigen Erneuerungsprojekten und neuer Wirtschaftsstruktur. „Aus der von Großbetrieben dominierten Struktur ist erstens eine kleinteiligere, zweitens eine von Vielfalt geprägte Struktur geworden“, sagte der OB
„Eine Struktur, die zwar auch von einigen größeren Unternehmen getragen wird, vor allem aber von vielen kleineren und mittleren.“ Die von ihm zitierte Vielfältigkeit dokumentierten auch die Sponsoren des gesellschaftlichen Events Nr. 1 der Stadt. Zum ersten Mal stand nicht ein Name, sondern drei Unterstützer, allesamt aus der Logistik-Branche dahinter: Gelsen-Log, Loxx und die Spedition Minor.
Beim Stichwort Arbeitsmarkt unterstrich Baranowski die Bedeutung des Gelsenkirchener Appells. „Wir müssen Erwerbslosen auf einem sozialen Arbeitsmarkt Chancen und Perspektiven bieten.“
Werner Müller dürfte vielen aus der Seele gesprochen haben, als er später in seiner zuweilen launigen Rede vor dem Hintergrund einer problematischen Infrastruktur forderte, man müsse den Solidarpakt beibehalten, „aber als Solidarpakt West und im besonderen als einen für das Ruhrgebiet“. Die neuen Bundesländer seien heute wirklich neu. Speziell das Ruhrgebiet habe heute Anspruch auf Unterstützung.
Aufgeschnappt im Musiktheater
Ohrenzeuge der denkwürdigen Einschätzung eines Gastes wurde die WAZ. „Die meisten kommen ja nur wegen des Buffets.“ Na ja … Lecker war es ja wirklich. Kalbsrahmragout, vegetarisches Wirsinggemüse, Hokifilet, vegetarische Pasta und gaaanz viel mehr.
Ein Bier für Werner Müller brachte Moderator Martin Wilger nach langer Redezeit zum Rednerpult. „Weil er 2008 wieder vom BVB weg gegangen ist.“ Angekündigt hatte Wilger den Gast u.a. mit dem Hinweis, er sei im Aufsichtsrat des Vereins in der verbotenen Stadt. Müller konterte: „Ich trage eine blau-weiße Krawatte.“
Ex-Stadtrat Joachim Hampe verschwand vor Mitternacht. Der Grund: Er wollte mit der Familie seinen 65. Geburtstag am heutigen Samstag feiern. Jetzt hat er nach seinem dienstlichen Abschied im Dezember auch das offizielle Rentenalter.
In Signalrot stand SPD-Parteichefin Heike Gebhard vor Beginn des Programms vor der Bühne – umringt von Gelsenkirchens bundespolitischen Akteuren Joachim Poß (SPD), Oliver Wittke (CDU – übrigens mit blassroter Krawatte) und Irene Mihalic (Grüne). Intendant Michael Schulz hatte keine Berührungsängste.
„Spricht jemand russisch?“ fragte Moderator Martin Wilger, als er den Titel der Arie aus Tschaikowskis „Eugen Onegin“, Lyubvi vse vozrasty pokorny, ankündigte. Die Dame vorne rechts wusste, was das heißt: „Alle Altersgruppen sind für Liebe bereit.“
Gastredner Werner Müller sagte neben anderen für GE durchaus schmeichelhaften Dingen auch das: „Ich kann der Stadt nur gratulieren, dass sie ungeachtet aller Schwierigkeiten dieses Musiktheater fein gemacht hat. Das ist nicht selbstverständlich.“ Und ein sichtbarer Leuchtturm, sagte er Richtung OB Frank Baranowski. Der hatte in seiner Begrüßungsrede nicht ein Großprojekt als solchen heraus stellte, sondern die „Arbeit am Fundament einer guten Zukunft der Gelsenkirchener“.