Bochum.
Zum ersten Mal überhaupt gibt es zum neuen Schuljahr an allen Bochumer Schulformen das Angebot eines gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit Förderbedarf und solchen ohne Defizite.
Um das abzustimmen und um ein wenig zu feiern, trafen sich jetzt über 100 Lehrer, Sonderpädagogen und Fachleute. Schuldezernent Michael Townsend freute sich: „Wir begeben uns auf einen langen Weg mit dem Ziel, rund 80 Prozent der Kinder mit Förderbedarf an einer Regelschule zu unterrichten.“ Bis dahin ist es tatsächlich noch ein gutes Stück Wegstrecke, doch, was nach den Sommerferien startet, kann sich durchaus sehen lassen. Waren es bis vor einigen Monaten lediglich drei Hauptschulen, die in der Sekundarstufe I spezielle Fördergruppen anboten, gibt es zum neuen Schuljahr insgesamt zusätzlich zwei Realschulen, die neue Gemeinschaftsschule, die Erich-Kästner-Gesamtschule und die Schillerschule als erstes Gymnasium, die Förderklassen anbieten.
Rund 2500 Jungen und Mädchen haben einen sonderpädagogischen Förderbedarf
Schulrat Reinhard Degen freut sich über diesen Erfolg: „Wenn Eltern ihre Tochter oder ihren Sohn mit Förderbedarf an einer weiterführenden Regelschule in Bochum anmelden möchten, wollen wird diesem Wunsch Vorrang einräumen.“ Zur Zeit gibt es in der Stadt rund 2500 Jungen und Mädchen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Das geht von schwerst mehrfach Behinderten, über körperliche Behinderungen bis zu sprachlichen Förderungen. Je nach Behinderung gibt es zielgleichen Unterricht (Förderkinder müssen die gleichen Unterrichtsinhalte wie die anderen Kinder lernen) oder zielverschiedenen (für Förderkinder gelten gesonderte Profile).
Derzeit nehmen an den Grundschulen 33 Prozent der Kinder am gemeinsamen Unterricht teil (Landesschnitt: 25 Prozent), an den weiterführenden Schulen nur rund 10 Prozent (Landesschnitt: 11 Prozent). Die Fachleute gehen davon aus, dass künftig 800 Schülerinnen und Schüler mehr als bisher anstelle in einer Förderschule am gemeinsamen Unterricht teilnehmen.
Die Änderung muss auch in den Köpfen stattfinden
Schulrat Peter Heck gibt die Devise aus, „mittelfristig rund die Hälfte aller Kinder mit Förderbedarf an einer Regelschule zu unterrichten“. Dabei wissen die Fachleute auch, dass bis dahin Vorbehalte von verschiedenen Seiten auszuräumen sind. „Bedenken von Eltern, die fürchten, in einer Förderklasse sei das Lernniveau niedriger als in einer Klasse ohne Förderkinder, haben anerkannte Studien mittlerweile widerlegt.“ Es gebe etliche Eltern nicht behinderter Kinder, die sich ganz bewusst für eine Förderklasse entscheiden, weil sie ebenfalls profitieren können. Heck: „Diese Änderung muss auch in den Köpfen der Mehrheit stattfinden.“
Der Bochumer Aufbruch in den gemeinsamen Unterricht s fand in guter Atmosphäre statt, auch wenn es noch Stolpersteine, wie die Aufteilung der Stunden von Sonderpädagogen oder die genauen Inhalte des Unterrichts, aus dem Weg zu räumen gibt.