Die Party hat begonnen, die Gäste sind in Feierlaune. Bochum Total startete mit seiner 25. Ausgabe, von grauen Schläfen keine Spur bei diesem Festival, das Hunderttausende nach Bochum zieht. Nach Einschätzung von Cooltour-Chef Marcus Gloria kamen über 200.000 Besucher.
Etliche junge Besucher deckten sich schon früh in den umliegenden Supermärkten mit Alkoholika ein. Erstmals herrscht Glasflaschenverbot wegen der großen Verletzungsgefahr. Tatsächlich waren mehr Leute mit Dosenbier unterwegs als in den vergangenen Jahren; selbst Wein im Familien-Tetrapack machte die Runde. Die Stimmung am ersten Tag ist stets sehr gelockert, eine Art Warmlaufen fürs Nonstop-Feiern; da fielen die Jungs noch auf, die auf der Straße zwischen den Bühnen Skat spielten.
Warmlaufen, das mussten sich auch die Bands, die als Eisbrecher die fünf Bühnen eröffneten. Selectamood, die Sieger des diesjährigen Bochumer Newcomer-Festivals, katapultierten sich durch verschiedene Stilrichtungen, nicht festgelegt auf hart oder zart. Zur Untermalung und Distanzierung trug „The Sleeping Hylki“ knatschbunte Masken, so als hätte das junge Quartett ehemals „Phantoms of Future“ erlebt.
Viel weicher, viel deutscher: Samuel Harfst. Der junge, freundliche Hesse sang von eigenen Befindlichkeiten, vom Alltag und wünschte „einen schönen Tag“. Musik zwischen Liedermacher und Schlager, die selbst vor großer Kulisse eine intime Clubatmosphäre schaffte.
Fluffig, leicht und verspielt wie ein kurzärmeliges T-Shirt im Sommer kam die Musik des Expeditionsteams daher; eigentlich sieben, auf der WAZ-Bühne neun Musiker und Sängerinnen bewiesen, dass sie Profis sind. Üppig instrumentiert, pendelte der stimmige Sound zwischen Swing, Funk, Karibik und Retro; Lieder, die auch ins Kaffeehaus passen. Das Publikum ließ sich nicht zweimal auffordern, näher an die Bühne heranzurücken. Allerdings: Wenn die Leute dicht an dicht stehen, ist Tanzen nicht mehr so einfach.
Britpop aus Holland, das geht auch, sehr gut sogar: Die Band Moke lieferte gute Schrämmelmusik auf der Pottmob-Bühne ab. Unterhaltsam und tanzbar mit Stücken, die unaufdringlich ins Ohr gingen. Moke soll Karl Lagerfelds Lieblingsband sein, wegen des Outfits. Was er wegen der tiefen Scheitel denkt, ist indes nicht überliefert.
„Gefahr“, scholl es von der Bühne – das galt aber höchstens für junge „Mädels“. Denn gut sahen sie aus, die Jungs von „Bakkushan“ und gute Musik machten sie auch auf der 1-Live-Bühne. Freche deutsche Texte und ein Sound, der ein wenig an „Mando Diao“ erinnert, eine gute Mischung, um als Geheimfavorit für Bochum Total durchzugehen.
Gut, die Bedeutung des japanischen Namens ist vielleicht etwas seltsam: Mädchen, das von hinten hübscher aussieht als von vorne. Trotzdem hatten die Jungs den Bogen raus, sogar bei eher ruhigen Titeln wurde mitgeklatscht und dem Wunsch des Sängers Daniel Schmidt Folge geleistet: „Ihr seid so, so, so viele, ich will euch alle hören“. Zum Mitsingen gab es genug eingängige Zeilen in „Deine Helden sind tot“ und „Baby, du siehst gut aus“. Kein Wunder, dass „Bakkushan“ für Baden-Württemberg beim „Bundesvision Songcontest“ antreten.
Je später der Abend, desto älter die Hasen. Das trifft auf The Toasters in jedem Fall zu. Die Band aus New York wurde 1983 gegründet, und die jahrzehnte lange Erfahrung war nicht zu überhören. Da blieb keine Kniekehle steif, da musste man mitwippen und -tanzen. Welche Band schafft es überdies, alte Ska-Fans, die Bochum Total eigentlich längst entwachsen sind, noch einmal an die Bühne zu holen? Ska, Funk und Reggae in Rhythmen, die einfach Riesenspaß machten.