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Grüne in Essen fordern sechsspurigen Ausbau der A40

Grüne in Essen fordern sechsspurigen Ausbau der A40

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Foto: WAZ FotoPool
Wohin mit all dem Autoverkehr? In einem Mobilitätskonzept hauchen die Grünen jetzt einer alten A40-Idee neues Leben ein. So soll die Stadtautobahn nach Willen der Grünen sechsspurig ausgebaut und mit einem „Deckel“ versehen werden, auf dem die U-Stadtbahn fährt.

Essen. 

Es geht nicht vor und nicht zurück, wieder einmal: Der A52-Tunnel in Gladbeck stößt bei den dortigen Bürgern auf Widerstand, das Tunnelversprechen in Essen ist zuvor mit lautem Knall geplatzt, aber eine Mehrheit im hiesigen Rat, die Planungen für den Autobahn-Lückenschluss voranzutreiben, formiert sich auch nicht. So verharrt ein jeder auf seiner alten Position, die Essener Verkehrsdebatte steckt im Dauerstau – und keine Chance, ihn aufzulösen.

Wirklich nicht? Ein gutes halbes Jahr vor den Sozialdemokraten, bei denen die A52-Debattenspur quer durch die eigenen Reihen geht, legen die Grünen jetzt ein „Mobilitätskonzept“ vor, das neben vielen erwartbaren Ideen zwischen Radrouten und Tram-Beschleunigung auch schier Ungeheuerliches enthält: Die Grünen wollen Autobahnen bauen.

„Wir stellen uns dem Verkehr“

Bevor eingefleischte Anhänger in Schnappatmung verfallen, sollte man ergänzen: Es geht um ein neues Teilstück im planerischen Brachland des Sturmshofes an der Bottroper Stadtgrenze, um dort – wie berichtet – den Verkehr aus Norden an das leistungsfähige Straßennetz von Bottroper Straße und Berthold-Beitz-Boulevard anzubinden.

Und es geht um den Ausbau der A40, die zwischen dem Tunnelmund an der Kruppstraße und der Wickenburg-Brücke in Frohnhausen von vier auf sechs Spuren erweitert werden könnte. Den Platz dafür soll die Trasse der U-Stadtbahn bringen, denn die wandert in den kühnen grünen Träumen an die Oberfläche eines A40-Deckels und macht diesen zum „Boulevard 40“.

Einen solchen Vorschlag zu machen, hat die Grünen auch Überwindung gekostet, weil er Abschied nimmt von alten Vorstellungen, man müsse die Menschen mit Macht in Busse, Bahnen und aufs Rad treiben, um die Autokolonnen zu entzerren: „Wir stellen uns dem Verkehr“, bekennen Christoph Kerscht und Bürgermeister Rolf Fliß. Sie wollen mit ihrem Angebot auf Umwegen nicht zuletzt der Autobahn-kritischen SPD eine Brücke bauen, eine, die helfen kann, das A52-Phantom ein für allemal in der Versenkung verschwinden zu lassen.

In den 1990er Jahren gab es eine ähnliche Debatte

Denn neue Autobahnen, davon sind beide überzeugt, bringen nur neuen Verkehr, es gilt, den vorhandenen abzuwickeln, auch und gerade mit Blick auf die befürchteten Zuwachsraten. Die Idee, einen Deckel auf die A40 zu legen, ist dabei keineswegs neu: Sie beherrschte bis weit in die 1990er Jahre die Debatte, damals allerdings vor allem unter dem Gesichtspunkt eines verbesserten Wohnumfeldes.

Heute sind viele Häuser entlang der A40 heruntergekommen, der Leerstand groß. Und mehr noch, als den letzten Anwohnern Gutes zu tun, geht es darum, die Stadtbahn-Spuren dem Autoverkehr zuzuschlagen, eine Idee, die verwaltungsintern seit längerem immer wieder mal diskutiert wird. Schon vor Jahren entstanden so bunte Karten, die den ehrgeizigen Begriff des „Metropolen-Boulevards“ einführten, der im Idealfall eine „Rüttenscheidisierung von Holsterhausen und Frohnhausen“ mit sich bringen könnte.

„Riesige Potenziale“ werden erkannt

„Riesige Potenziale“ erkennt in der Tat Michael Happe in diesem Projekt, mit dem er als einstiger Mitarbeiter des Planungsamts und heutiger Chef des Planungsbüros BKR seit Jahren Stadtspitze und Wirtschaftsförderern in den Ohren liegt: Hier könne man die Verkehrslage genauso entlasten wie ein Stück Stadtreparatur betreiben.

Die gigantischen Kosten des Vorhabens – auf 200 bis 300 Millionen Euro schätzt er grob den reinen Straßenbau, auf eine Milliarde Euro das ganze Projekt – ließen sich zu einem Großteil wieder einspielen – durch neue Wohnadressen jenseits des Autobahn-Lärms und neues Gewerbe. „Wenn man jetzt nicht mit der Diskussion beginnt, wäre das ein großer Fehler“, sagt Happe, der die Vorbereitungszeit mit zehn Jahren kalkuliert, und die Grünen sekundieren: Sie sehen hier eine Alternative für Verkehrsszenarien, „die uns immer als alternativlos präsentiert werden“.

Der Tunnel als Nadelöhr

Dabei räumen Fliß wie Kerscht unumwunden ein: Die Tunnelverlängerung durch Frohnhausen und Holsterhausen – mit einem bloßen Deckeln ist es laut Happe nämlich nicht getan – hat auch ihre Tücken. Und die fallen Planungsdezernent Hans-Jürgen Best umgehend ein, der die Idee gern ohne Druck intern diskutiert hätte, bevor man in der Öffentlichkeit Hoffnungen auf eine allzu simple Lösung weckt: „Abstrakt ist das eine tolle Sache, aber ob es konkret umsetzbar ist, da haben wir doch unsere Zweifel.“ Best fürchtet, dass ein „Boulevard 40“ oben nur das Chaos im Tunnel kaschieren könnte, wenn von Osten wie von Westen jeweils drei Fahrspuren in Höhe der Stadtmitte auf zwei zurückgeführt werden müssen.

„Der Tunnel ist ein Nadelöhr, und er bleibt es auch“, so Best. Holt man im Zweifel also nur den Stau näher an die Innenstadt heran? Obendrein, so der Planungschef, „kann ich mir kaum vorstellen, dass das zu einem vertretbaren Gesamtpreis zu machen ist.“

Andererseits werde sich – zumal im kommenden Wahlkampf – kaum eine Partei der Prüfung des Vorhabens verschließen können. Den Deckel draufmachen kann man ja dann immer noch.

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