- Was das durchschnittliche Einkommen angeht, ist Gelsenkirchen offiziell die ärmste Stadt Deutschlands
- Wir wollten wissen, was die Stadt Gelsenkirchen dazu sagt und haben mit Stadtsprecher Martin Schulmann gesprochen
Gelsenkirchen.
Unlängst hat eine Meldung im Revier für viel Wirbel gesorgt. Gelsenkirchen ist – was das durchschnittliche Einkommen angeht – offiziell die ärmste Stadt Deutschlands. Nach Abzug von Steuern und Abgaben verdienen Gelsenkirchener im Durchschnitt 16.274 Euro jährlich (Stand November 2016). Deutscher Durchschnitt sind etwa 21.600 Euro.
Was sagt die Stadt Gelsenkirchen selbst dazu? Sprecher Martin Schulmann erklärt: „Es handelt sich dabei um einen statistischen Mittelwert, der über jeden Einwohner gerechnet wird. Von Baby bis Greis. Und wir haben etwa 13.000 Menschen in der Stadt, die aufgrund ihrer Situation kein Einkommen haben, also etwa Flüchtlinge oder viele der Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien.“
————————————-
• Mehr Themen:
FC Schalke 04: S04-Star Benjamin Stambouli heiß auf den doppelten Heimkracher
Kurioser Fund im Rhein-Herne-Kanal: Taucher entdecken 45 Tresore – Wasserschutzpolizei ermittelt
Blutsonne über NRW! Das ist der verblüffende Grund für das Naturschauspiel!
————————————-
Diese Menschen könnten im Zuge der Freizügigkeit der EU natürlich gern nach Gelsenkirchen kommen, erklärt Schulmann. Aber das führe eben dazu, dass der Wert so niedrig ist. „Wenn wir die genannten Gruppen abziehen, sähe die Welt ganz anders aus. Statistische Mittelwerte helfen in einer Betrachtung überhaupt gar nichts“.
Und das macht er an einem Beispiel deutlich: „Wenn Sie einen Nachbarn haben, der zwei Millionen Euro auf dem Konto hat und Sie haben gar nichts. Dann sind Sie und Ihr Nachbar statistisch gesehen im Durchschnitt zwar beide Millionäre. Aber davon haben Sie selbst ja am Ende nichts.“
Gelsenkirchener deswegen nicht gleich arm dran
Das heiße aber nicht, dass die Gelsenkirchener arm dran seien, sagt Schulmann. Lebenshaltungskosten und Wohnraum seien günstig. „Man kann hier sehr gut leben mit wenig Geld. Deswegen kommen die Zuwanderer auch zu uns. Und deswegen kommen wir zu der nächsten Statistik. Wir haben auch die meisten Schulabbrecher in NRW. Das sind Zuwanderer ohne Vorkenntnisse und Sprache, da kann die Stadt Gelsenkirchen nichts tun.“
Arme Zuwanderer ohne Einkommen haben allerdings auch andere Ruhrgebietsstädte. Die Stadt Essen beispielsweise habe mit Katernberg und Karnap eine sehr ähnliche Situation, sagt Schulmann. „Die werden aber durch den wohlhabenden Essener Süden abgefangen, wo Kinder zur Schule gehen, die noch nie schwarze Haare gesehen haben.“
Arbeitsplätze und Bildung geben Grund zur Hoffnung!
Trotz aller Schwierigkeiten macht Stadtsprecher Martin Schulmann Hoffnung. Denn auf die Frage, welche Schritte wichtig wären, um Gelsenkirchen Aufwind zu verschaffen, sagt er: „Das ist zwar eine Mammutaufgabe, die natürlich nicht durch das Umlegen eines Schalters zu erledigen ist. Und wir müssen in Gelsenkirchen Arbeitsplätze ansiedeln. Aber das tun wir auch so gut es geht.“ Man habe in diesem Jahr so viele Arbeitsplätze neu angesiedelt wie lange nicht mehr. „Das macht Hoffnung, dass wir einen deutlichen Aufschwung erfahren.“
Erreicht wird das unter anderem durch den Bau eines großen Logistikzentrums der Firma Bilstein auf dem Gelände des ehemaligen Schalker Vereins. 400 Arbeitsplätze werden so ermöglicht. Weitere 250 Arbeitsplätze durch den Dienstleister Proreserv, ebenfalls durch ein Logistikzentrum am Schalker Verein. Auch die Stölting Group expandiert in Gelsenkirchen, „mehrere Hundert Arbeitsplätze“ gibt es auf diese Weise mehr.
„Jetzt muss das Land dafür sorgen, dass genügend Lehrer da sind“
Ein weiterer wichtiger Punkt: Bildung. „Bildung ist das A und O“, sagt Schulmann. Die Möglichkeiten dafür habe man geschaffen. „Wir haben die Schulen weitestgehend modernisiert, Glasfaserkabel gibt es an allen Schulen in Gelsenkirchen.“ Fast an allen Schulen gebe es mittlerweile auch moderne White-Boards mit Computer. „Das sind Dinge, die wir beeinflussen können. Jetzt muss das Land dafür sorgen, dass genügend Lehrer da sind und die Lehrer vernünftig ausgebildet sind.“