Essen.
Die Stimmung im Gerichtssaal war – gelinde ausgedrückt – angespannt.
Am dritten Verhandlungstag im Prozess um Gruppenvergewaltigungen im Ruhrgebiet stritten sich die Anwälte einiger Angeklagter nicht nur mit dem Gericht, sondern beharkten sich auch gegenseitig.
Prozess um Gruppenvergewaltigungen: „Langsam hab ich hier wirklich schlechte Laune“
„Langsam hab ich hier wirklich schlechte Laune“, entfuhr es Marc Piel, der den Angeklagten Joshua E. verteidigt.
Im Prozess vor dem Essener Landgericht gegen fünf junge Männer zwischen 17 und 24 Jahren geht es um Vergewaltigung, Nötigung und Körperverletzung. Die Anklage wirft den jungen Männern vor, systematisch Schülerinnen zum Sex gezwungen zu haben. Mit einer Masche sollen sie sie an entlegene Orte gelockt, ihnen die Handys abgenommen und dann zu sexuellen Handlungen genötigt haben.
Streit zu Beginn der Sitzung
Den ersten Streit gab es gleich zu Beginn der Sitzung, als der Vorsitzende Richter Rolf Uhlenbrock mit der Befragung des Angeklagten Joshua E. zu dessen Einlassung starten wollte.
Nach kurzer Zeit unterbrach ihn die Verteidigung des jüngsten Angeklagten, Antonio H. Es sei ausgemacht gewesen, dass sich erst alle Angeklagten zu den Anschuldigungen äußern könnten und dann erst befragt würden.
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„Sonst werden Behauptungen aufgestellt, die sich zumindest im Unterbewusstsein festsetzen. Das ist unfair unserem Mandanten gegenüber, der seine Einlassung noch nicht vorgebracht hat“, sagte Rechtsanwältin Jenny Lederer.
Dem Vorsitzenden Richter wurde es zu viel
Als einer der Verteidiger nach einem längeren Schlagabtausch zwischen Uhlenbrock und den Anwälten von H. die Frage in den Raum warf, was denn die Staatsanwaltschaft dazu sage, wurde es dem Vorsitzenden offenbar zu viel.
„Das ist meine Entscheidung, ich benötige dazu nicht die Meinung der Staatsanwaltschaft“, so Uhlenbrock.
Zweiter Streitpunkt: Die Befragung der Angeklagten durch die Verteidiger. E.s Anwalt Marc Piel stellte schnell klar: Nachfragen des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der Nebenklagevertreter werde sein Mandant beantworten, nicht aber Fragen der anderen Anwälte.
„Ich appelliere an Sie, mit Ihrer Fragerei endlich aufzuhören“
Und hier offenbarte sich ein Stück weit die Taktik einiger der Verteidiger, bei der es mutmaßlich darum geht, die jeweils anderen Angeklagten zu belasten.
Rechtsanwältin Lederer stellte Joshua E. eine Frage nach der anderen – während E., wie von seinem Verteidiger angekündigt, schwieg.
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„Ich appelliere an Sie, mit Ihrer Fragerei im Sinne aller Anwesenden endlich aufzuhören“, unterbrach Piel sie.
Doch Lederer insistierte: „Meine Fragen zeigen auf, dass es Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Joshua E. gibt.“
Verteidigung: Antonio H. ist nicht der „Big Boss“ der Gruppe
E. hatte in seiner Einlassung am ersten Prozesstag die Anschuldigungen weitgehend eingeräumt und sich bei den Mädchen entschuldigt. Er gab sich eher als Mitläufer und behauptete, Antonio H. sei der Anführer der Gruppe gewesen, habe sich als „Big Boss“ bezeichnet.
Das stimme keineswegs, so die Verteidigung von Antonio H. Aus einer Whatsappnachricht gehe vielmehr hervor, dass Joshua E. den berüchtigten Chat, über den die jungen Männer ihre Taten geplant haben sollen, initiiert habe.
H. entschuldigt sich bei den Mädchen
Nach der fruchtlosen Befragung E.s durch die Anwälte der Mitangeklagten lehnte die Verteidigung von Gianni H. schließlich eine Befragung ihres Mandanten grundsätzlich ab. „Unser Mandant wird sich erst nach der Einlassung von Antonio H. äußern“, so Rechtsanwalt Wolfgang Küpper-Fahrenberg.
Dann ließ sich Antonio H. ein. Er las seine Aussage ab, räumte die Anschuldigungen weitgehend ein und entschuldigte sich – wie vor ihm Joshua E. – bei den Mädchen. >> Hier weitere Details zur Aussage
Die Befragung von H. wird in der nächsten Sitzung am 20. August erfolgen.